Die Zahl der Toten bei den Unruhen in Venezuela hat sich auf 26 erhöht. Die Regierungsgegner riefen für Mittwoch zu einer weiteren Grossdemonstration gegen den linksnationalistischen Präsidenten Nicolás Maduro auf.
Dabei wollen sie vorgezogene Parlamentswahlen fordern.
Bei den Todesopfer waren vier Jugendliche, die übrigen 22 Erwachsene, wie die Generalstaatsanwältin Luisa Ortega am Dienstag mitteilte.
Bei dem jüngsten Todesfall wurde ein 23-jähriger Mann während einer Demonstration im nordwestlichen Bundesstaat Lara von einer Kugel im Kopf getroffen und war sofort tot.
Zuvor waren am Montag in den Städten Mérida und Barinas im Westen des Landes drei Demonstranten getötet worden, wie Politiker und Staatsanwaltschaft mitteilten. Zwei von ihnen waren demnach Anhänger der Regierung.
Nach Angaben des Regierungslagers hatten die beiden Opfer in Mérida an einer Demonstration für die Regierung teilgenommen. Bei dem Toten in Barinas handelte es sich der rechtsgerichteten Opposition zufolge um einen Regierungsgegner, der von «sozialistischen Paramilitärs» getötet worden sei.
Gegenseitige Vorwürfe
Der Ombudsmann Tarek William Saab sagte, auf eine «friedliche Demonstration» von Regierungsanhängern in Mérida habe es «Schüsse gehagelt». Oppositionsführer Henrique Capriles warf dem Ombudsmann vor, eine «Marionette» der Regierung zu sein und machte die Regierungsseite für die «Unterminierung legitimer Proteste» verantwortlich.
Landesweit beteiligten sich tausende Regierungsgegner am Montag und Dienstag an Strassenblockaden. Diese verliefen weitgehend friedlich, vereinzelt schlugen sie aber in Gewalt um.
Im Osten der Hauptstadt Caracas wurden auf einer Autobahn zwei Regierungslastwagen angezündet. Oppositionsanhänger vergossen Öl auf der Fahrbahn. Die Polizei schritt zunächst nicht ein, wie AFP-Reporter berichteten. Andernorts in Caracas setzte die Polizei Tränengas gegen Steine werfende Demonstranten ein.
Der Oppositionsabgeordnete Miguel Pizarro kündigte für Mittwoch eine Grossdemonstration in Caracas an, die zu einem Regierungsgebäude im Stadtzentrum führen soll. Vor welchem Gebäude der Marsch enden soll, verriet Pizarro nicht. Die Regierung solle nicht «72 Stunden Vorbereitungszeit» bekommen, sagte er.
Äusserst angespannte Lage
Die Stimmung in Venezuela ist seit Wochen äusserst angespannt. Die Regierungsgegner mobilisierten ihre Anhänger seit dem 1. April zu mehreren Grosskundgebungen gegen Maduro, die zum grössten Teil friedlich verliefen, am Ende aber häufig in Gewalt zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten umschlugen. Anhänger Maduros gingen ihrerseits massenhaft auf die Strasse.
Das ölreiche südamerikanische Land steckt seit Monaten in einer tiefen politischen Krise. Konservative und rechtsgerichtete Regierungsgegner machen Maduro für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich. Sie kämpfen für eine Volksabstimmung über eine Absetzung des sozialistischen Präsidenten, dessen Mandat regulär im kommenden Jahr endet.
Die Opposition verlangt ausserdem einen Termin für die verschobenen Gouverneurs- und die anstehenden Regionalwahlen. Maduro erklärte am Sonntag, er sei zu Regionalwahlen bereit, ohne aber einen Termin zu nennen. Zugleich sprach er sich für die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Regierung und Opposition aus.
Bundesrat Burkhalter besorgt
Die Situation in Venezuela sei sehr besorgniserregend, erklärte der Bundesratr Didier Burkhalter am Dienstag in Genf am Rande der UNO-Geberkonferenz für den Jemen. Er habe sich insbesondere versichert, dass der Schutz der Schweizer Botschaft und der Schweizer Staatsangehörigen in Venezuela im Falle einer weiteren Verschlimmerung der Lage angepasst werde, sagte der Aussenminister.
«Die Situation beschäftigt mich», sagte der Chef des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten weiter. «Wir sind vorbereitet, was unsere Botschaft und die Schweizer vor Ort betrifft», versicherte er.