Männliche Kohlmeisen, die Tonintervalle besonders exakt treffen, haben ein breiteres schwarzes Federband an der Brust als ihre weniger begabten Artgenossen, wie Berner Forschende berichten. Sie sind zudem erfolgreicher bei der Damenwelt.
Kohlmeisenmännchen markieren zur Brutzeit mit ihrem Gesang ihr Revier und versuchen damit potenzielle Partnerinnen anzulocken. Dazu zwitschern sie unermüdlich einen zweisilbigen Gesang, mit einem Repertoire von bis zu sechs verschiedenen Gesängen pro Individuum.
Besonders präzises Singen der Tonintervalle scheint dabei ein Qualitätsmerkmal zu sein, wie Forscher um Heinz Richner von der Universität Bern kürzlich im Fachjournal «PNAS» berichteten: Die besten Sänger sind auch die erfolgreichsten und gesündesten Männchen.
Das Team um Richner hat entdeckt, dass exakt singende Kohlmeisenmännchen ein breiteres schwarzes Federband an der Brust besitzen als weniger präzise Sänger, wie die Uni Bern am Mittwoch mitteilte. Das Federband teilt die gelbe Brust in der Mitte und kann mehr oder weniger breit ausfallen.
Statussymbol «Krawattenbreite»
Diese «Krawattenbreite» wiederum hängt gemäss früherer Studien mit der Attraktivität, dem sozialen Status, Fortpflanzungserfolg und der Resistenz gegen Parasiten zusammen. Somit können Konkurrenten und Kohlmeisendamen den Status des Männchens nicht nur anhand der grossen Krawatte erkennen, sondern auch ohne Blickkontakt an der Präzision des Gezwitschers.
Für die Studie spielten die Forschenden um Richner den Männchen Computer-generierten Meisengesang vor, der sie zum Singen animierte. Den darauf folgenden Gesang zeichneten sie auf und analysierten anschliessend die Schwingungsfrequenzen der beiden Töne des zweisilbigen Gesangs und die Abweichung zum naheliegendsten Intervall.
Ausserdem wurden die Männchen vermessen und ihre Bauchseite fotografiert. So stellte sich heraus, dass die exaktesten Sänger auch die mit den breiteren Krawatten waren.
Gleich wie westliche Musik
Es sei die erste Studie, die für eine Tierart einen Zusammenhang zwischen individueller Qualität und der Präzision der gesungenen Intervalle herstelle, schrieb die Uni Bern. Richner kommentierte: «Es ist erstaunlich, dass Kohlmeisen dieselben Intervalle benutzen, auf denen auch die Tonleitern westlicher Musik in der reinen Stimmung beruhen.» Die Schwingungsfrequenzen von Intervalltönen stehen dabei immer in einfachen, geradzahligen Verhältnissen.
Die Studie habe nicht nur Relevanz, um die Evolution akustischer Kommunikation bei Tieren besser zu verstehen, sondern womöglich auch für die Evolution der Musik, so die Mitteilung.
Die ersten Intervalle – Oktave, Quinte und Quarte – gehen auf Pythagoras zurück, der vor 2000 Jahren zeigte, dass man dafür eine schwingende Saite jeweils auf der Mitte, auf zwei Dritteln und auf drei Vierteln der Länge mit dem Finger fixieren muss. Im 16. Jahrhundert kamen die grosse und kleine Terz hinzu. Diese Intervalle mit exakten Frequenzverhältnissen bilden die Grundlage für die rein-gestimmten Tonleitern der westlichen Musik.
Vogelgezwitscher hat zudem diverse Komponisten wie Bach und Beethoven inspiriert. Die Gesänge einiger Vogelarten erinnern denn auch etwas an Tonabfolgen in Musikstücken.