600 Stunden lang befragte der Autor Heribert Schwan den deutschen Altbundeskanzler Helmut Kohl. Drei Memoiren-Bände wurden veröffentlicht. Danach kam es zum Zerwürfnis. Jetzt sind die «Kohl-Protokolle» gegen dessen Willen im Buchhandel.
Die umstrittene Veröffentlichung von Gesprächen mit dem deutschen Altbundeskanzler Helmut Kohl ist nach Auffassung der Autoren und des Verlages nicht zu beanstanden. Es habe keine Vereinbarung mit Kohl gegeben, Teile der Gespräche vertraulich zu behandeln, sagte sein einstiger «Ghostwriter» Heribert Schwan am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des Buches «Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle». «Ich hätte niemals eine Schweigepflichterklärung unterzeichnet», betonte er.
Schwan wies ebenso wie Mitautor Tilman Jens den Vorwurf des Vertrauensbruchs zurück. Kohl war in den Jahren 2001 und 2002 von Schwan über 600 Stunden lang befragt worden. Zweck war die Veröffentlichung von Kohls Memoiren, von denen drei Bände erschienen. Danach wurde die Zusammenarbeit zwischen Kohl und seinem «Ghostwriter» beendet.
Die «Kohl-Protokolle» sind seit Dienstag im Buchhandel. Nach Angaben des Heyne-Verlags haben Kohls Anwälte bisher keine rechtlichen Schritte eingeleitet. Es gebe lediglich ein Schreiben, in dem die Anwälte erklärten, Schwan sei nicht berechtigt, über die Aufzeichnungen zu verfügen. Das sei rechtlich nicht relevant, sagte der juristische Berater Rainer Dresen.
Abrechnung mit Merkel und anderen
Kohl rechnet in den Aufzeichnungen auch mit Parteifreunden ab. So klagt er in deutlichen Worten über CDU-Politiker wie die derzeitige Bundeskanzlerin Angela Merkel, seinen früheren Arbeitsminister Norbert Blüm oder den späteren Bundespräsidenten Christian Wulff. Zur Zeit der Gespräche war Kohl vor allem durch seine Verantwortung in der CDU-Spendenaffäre und durch den Selbstmord seiner Ehefrau Hannelore belastet.
Im Sender RBB sagte Schwan über sein persönliches Verhältnis zu Kohl: «Es geht nicht gegen Helmut Kohl. Mein Feindbild, um es ganz klar zu sagen, und das gebe ich offen zu: Das ist die Frau an seiner Seite.» Schwan wirft Maike Kohl-Richter vor, für das Ende der Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Altkanzler verantwortlich zu sein. Sie strebe an, die «Deutungshoheit» über Kohls Kanzlerschaft zu bekommen.