Das Gesundheitswesen wird jedes Jahr teurer, damit steigen auch die Prämien. Gründe sind die alternde Bevölkerung, der medizinische Fortschritt und immer mehr ärztliche Leistungen. Der Mengenausweitung will Gesundheitsminister Alain Berset einen Riegel schieben.
Einen Hebel hat er mit der Revision des Ärztetarifs Tarmed. Falls sich die Tarifpartner nicht bis im Herbst einigen, kann er Änderungen anordnen. Berset will vor allem bei jenen Behandlungen ansetzen, die Spezialärzte ohne ersichtlichen Grund immer öfter durchführen.
Dabei soll es nicht bleiben. Vor den Medien in Bern kündigte der Gesundheitsminister am Freitag an, ausländische Modelle zur Steuerung des Mengenwachstums prüfen zu wollen. Als Vorbilder dienen in erster Linie Deutschland und die Niederlande.
Arztwahl auf dem Prüfstand
Die Niederlande beispielsweise haben ein stark zentralisiertes Gesundheitssystem, das aber den Wettbewerb begünstigt. Es gilt Vertragsfreiheit. Das heisst, dass die Krankenkassen nicht die Leistungen aller Ärzte vergüten müssen.
Für Berset ist das kein Tabu. «Die freie Arztwahl ist ein Punkt, der diskutiert werden muss», sagte er. Auch das Parlament macht Druck in diese Richtung. In der Bevölkerung aber dürften Einschränkungen bei der Arztwahl noch nicht mehrheitsfähig sein. Die Abstimmung über Managed Care habe gezeigt, dass die meisten Prämienzahler ihren Arzt frei wählen wollten, sagte Pascal Strupler, Direktor des Bundesamts für Gesundheit.
Berset hat eine Expertengruppe eingesetzt, die vor allem aus Fachleuten aus den beiden europäischen Ländern besteht. Innerhalb eines Jahres will er konkrete Vorschläge präsentieren. Der Gesundheitsminister hat aber auch Erwartungen an die anderen Akteure im Gesundheitswesen.
Die Kantone haben über die Ärzte-Zulassung und die Spitalplanung Einfluss auf die Kosten. Zudem können sie Globalbudgets festlegen. Die Krankenkassen sind Partei in den Tarifverhandlungen und verantwortlich für die Kostenkontrolle. Es sei erstaunlich, welche Kosten damit eingespart werden könnten, sagte Berset.
Ärzte und Spitäler schliesslich ruft er dazu auf, ihren Teil zur Verabschiedung eines neuen Ärztetarifs zu beizutragen und nur angemessene Behandlungen durchzuführen. «Das ist ein Appell an alle Beteiligte, ihren Beitrag zu leisten», sagte Berset.
Druck auf Medikamentenpreise
Er erinnerte auch an die bisherigen Bemühungen des Bundes, die Gesundheitskosten zu dämpfen. Nach seinen Angaben konnten bei den Medikamenten in den letzten Jahren 600 Millionen Franken gespart werden. Damit gibt sich Berset aber nicht zufrieden.
Die Medikamentenpreise sollen weiter gesenkt, die Vergütungen für medizinische Mittel angepasst und die Behandlungen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Bei den Generika will der Gesundheitsminister ein Referenzpreissystem einführen und die Vertriebsmarge nicht kassenpflichtiger Medikamente senken.
In einer Mitteilung zeigt Bersets Innendepartement auch auf, wo die Kosten am stärksten steigen: Zwischen 2009 und 2015 ist die Zahl der Konsultationen in den Arztpraxen etwa unverändert geblieben, die Kosten sind aber um 28 Prozent gewachsen.
Im spital-ambulanten Bereich sind die Kosten um 34 Prozent gewachsen, doch auch die Zahl der Behandlungen ist stark angestiegen. Die Kosten pro Konsultation haben sich unter dem Strich kaum verändert. In den Spitälern sind die Kosten ebenfalls gestiegen, jedoch auch die Zahl der betagten Patientinnen und Patienten.