Der Entscheid des Nationalrats, das Steuerstreit-Gesetz zu sistieren, ist von Betroffenen und Experten unterschiedlich kommentiert worden. Durchwegs auf Verständnis stösst dagegen die Forderung der Parlamentarier nach mehr Informationen von Seiten des Bundesrats.
Die Schweizerische Bankiervereinigung teilte die Meinung der grossen Kammer, wonach mehr Informationen nötig seien. Abgesehen davon sei für die Banken ein Bundesgesetz aber die beste Lösung im Steuerstreit, sagte Mediensprecherin Cindy Schmiegel am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Die Treuhänder sprachen von einem «weisen Entscheid» des Parlaments. «Das vom Bundesrat anvisierte Schnellverfahren ist staatspolitisch bedenklich», hielt der Branchenverband Treuhand Suisse fest. Viel bedenklicher, wenn nicht gar abstrus, sei aber ein forcierter Entscheid des Parlaments ohne die Bekanntgabe von Details. «Der Entscheid des Nationalrates ist ein erster Schritt in die richtige Richtung», liess sich Direktor Patrik Kneubühl in einem Communiqué zitieren.
Fingerzeig für Bundesrat
Für den Direktor der Handelskammer Schweiz-USA, Martin Naville, sollte der Bundesrat nach der Sistierung des Steuerstreit-Gesetzes handeln. Die Parlamentarier warteten auf eine Erklärung der Regierung: «Es ist verständlich, dass der Nationalrat mehr Informationen zum ausgehandelten Programm mit den USA verlangt», sagte Naville auf Anfrage.
«Ich hoffe, dass der Bundesrat diese Forderungen ernst nehmen wird.» Wenn Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf nicht in der Lage sei, die Einzelheiten des Deals offenzulegen, müsse sie dies begründen können, sagte Naville.
Hegglin bleibt optimistisch
Für Peter Hegglin, Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren, ist das Geschäft nicht längerfristig vom Tisch. «Ich gehe davon aus, dass es doch noch in der Sommersession behandelt wird», sagte der Zuger Finanzdirektor der sda.
Er stellte klar, dass die Wirtschaftskommission des Nationalrats das Geschäft behandeln werde. «Es ist nicht abtraktandiert.» Auch Hegglin sagte aber, dass der Bundesrat mehr Klarheit schaffen müsse, damit das Gesetz im Parlament durchkomme.
Für den emeritierten Wirtschaftsprofessor Walter Wittmann sitzt die Schweiz am kürzeren Hebel: «Sie muss einsehen, dass sie nichts dagegen unternehmen kann, wenn die USA oder die EU etwas von ihr verlangen», sagte er im Interview mit der «Handelszeitung». Diese Einsicht fehle dem Parlament leider.
Es gebe keine Alternativen zum ausgehandelten Programm, sagte Wittmann. «Wenn die Schweiz den Deal ablehnt, werden einzelne Banken die Abschleicherlisten dennoch liefern, um sich selbst retten zu können.»
Das Problem müsse innert 120 Tagen gelöst werden, sagte Wittmann. Diese Frist hätten die Amerikaner den Banken gesetzt. Geschehe dies nicht, seien die Folgen unabsehbar. «Grundsätzlich könnten die USA den Schweizer Banken die Lizenz entziehen. Die Schweiz als kleines Land hat keine Chance.»