Der Nationalrat will getrennten oder geschiedenen Eltern im Normalfall das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder zuteilen. Er ist am Dienstag als Erstrat stillschweigend auf die Gesetzesvorlage zur Neuregelung der elterlichen Sorge eingetreten.
Scheidungen gehörten heute zum gesellschaftlichen Alltag, waren sich die Fraktionen einig. Auch teilten sich die Eltern immer häufiger das Sorgerecht, sagte Alec von Graffenried (Grüne/BE) im Namen der vorberatenden Rechtskommission (RK). Das Gesetz müsse dieser Realität angepasst werden.
Der Nationalrat folgte bei den Eckwerten der Gesetzesrevision mehrheitlich stillschweigend den Vorschlägen des Bundesrats: Künftig sollen in der Regel beide Elternteile das Sorgerecht erhalten. Allerdings müssen die Voraussetzungen gegeben sein. Mögliche Gründe für den Entzug der elterlichen Sorge sind Unerfahrenheit, Krankheit, Gebrechen, Gewalttätigkeit oder Ortsabwesenheit.
Bei einer Scheidung muss sich das Gericht vergewissern, dass die Voraussetzungen für die gemeinsame Sorge gegeben sind. Bei einem ausserehelich geborenen Kind entscheidet die Kindesschutzbehörde.
Keine Strafe für vereitelte Besuche
Weder der Bundesrat noch der Nationalrat wollen Vätern und Müttern, die das Besuchsrecht des anderen Elternteils vereiteln, Strafen androhen. Auch das umgekehrte Vergehen – die Vernachlässigung des vereinbarten Besuchsrechts – soll ohne Konsequenzen bleiben.
Für nicht verheiratete Eltern, die nicht in einer Hausgemeinschaft leben, baute der Nationalrat stillschweigend eine Bedingung für das gemeinsame Sorgerecht ein: Diese müssen einen von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde genehmigten Unterhaltsvertrag vorweisen.