Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) stellt der Schweizer Wirtschaft eine düstere Prognose. Um die Konjunktur im kommenden Jahr wiederzubeleben und die Arbeitsplätze im Land zu halten, verlangt er nun zusätzliche Interventionen von Bund und Notenbank.
Unter anderem bekräftigte der SGB an seiner Jahresmedienkonferenz am Donnerstag seine Forderung, die Schweizerische Nationalbank (SNB) solle die Kursuntergrenze gegenüber dem Euro auf 1,40 Fr. erhöhen. Der im September eingeführte Mindestkurs von 1,20 Fr. reiche nicht aus, sagte SGB-Präsident Paul Rechsteiner.
Mit ihrer Passivität riskiere die SNB die Verlagerung von Zehntausenden von Arbeitsplätzen ins Ausland, kritisierte Rechsteiner. „Was einmal verloren geht an Produktionspotenzial, das geht für immer verloren.“
Dies umso mehr, als der SGB für die Konjunkturentwicklung im laufenden Jahr relativ pessimistisch ist. Er erwartet 2012 ein Nullwachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP), wie SGB-Chefökonom Daniel Lampart sagte. Damit liegt seine Prognose tiefer als die meisten anderen Konjunkturprognosen, etwa jene des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), das noch von einem Wachstum von 0,5 Prozent ausgeht.
Auf die Frage, ob sich die Schweiz bereits in einer Rezession befinde, antwortete Lampart, er halte die gängige Definition dieses Begriffs, die sich am Wirtschaftswachstum orientiert, nicht für angemessen.
Ihm zufolge herrscht dann Rezession, wenn die Arbeitslosigkeit ansteigt. „In diesem Sinne befinden wir uns in einer Rezession.“ Für 2012 erwartet Lampart eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent. 2011 lag sie gemäss Seco noch bei 3,1 Prozent.
Bund soll Überschuss verteilen
Um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, soll nicht nur die Nationalbank, sondern auch der Bund eingreifen. Im Visier hat der SGB den Budgetüberschuss von 1,4 Mrd. Fr. vom vergangenen Jahr.
Zudem sollen die unvorhergesehenen Steuerausfälle durch die Unternehmenssteuerreform II rückgängig gemacht werden. Die eingesparten 600 Mio. Fr. sollen zusammen mit dem Haushaltsüberschuss zur Stärkung der Kaufkraft eingesetzt werden. Für die Verteilung dieser Summe gebe es verschiedene Möglichkeiten. „Am einfachsten wäre es, das Geld pro Kopf auszuschütten“, so Lampart.