«Der Goalie bin ig» heisst der grosse Sieger bei der Verleihung des Filmpreises. Gewonnen haben aber nicht nur seine Macher, sondern der Schweizer Film ganz generell.
Die Filmpreise 2014 sind überreicht. Gewonnen hat bei den Spielfilmen der Kassenschlager. «Der Goalie bin ig» von Sabine Boss setzte sich mit seinem Heimatgefühl gegen den wichtigeren Film «Akte Grüninger», der leer ausging, und gegen den aufregenderen Film «Left Foot Right Foot» durch, der immerhin drei Preise erhielt.
Gewonnen hat die Dialekt-Hauptstadt Bern mit «Der Goalie bin ig» gleich mehrfach: Peter von Siebenthal wurde für seine hinreissenden Gitarrenriffs gefeiert (Richard Köchli steuerte den musikalischen Dank bei), Pedro Lenz wurde für sein Buch gepriesen (mit Jasmine Hoch als Drehbuchmitarbeiterin) und Marcus Signer für sein unbestritten herausragende Hauptrolle. Im Hintergrund freut sich Bern, das mit seinen Subventionen solche Filme möglich machen kann.
Auch die Jungen spielen mit
Die Nominationen hatten bereits bewiesen, dass die Schweizer Film-Industrie eine hochklassige Balance zwischen Routiniers und Newcomern gefunden hat: Nominiert waren nicht nur der Kameramann des Oscar-Preisträgers Xavier Koller für «Die Schwarzen Brüder» neben der mehrfach bewährten Fernseh-Könnerin Sabine Boss für «Der Goalie bin ig», sondern auch die junge Petra Volpe und ihr nachdenkliches «Traumland», sowie die verstörende Vorstadt-Ballade des jungen Teams von «Left Foot Right Foot» (Germinal Roaux).
Die Auswahl hat es gezeigt: Der Schweizer Film ist über die Kulturkreise seiner Landessprachen hinaus nicht nur hervorragend mit dem europäischen Film vernetzt. Es wagen auch immer mehr Produzenten mit ihren Crews das Betreten von Neuland, wie es auch die Produktion von «Left Foot Right Foot» beweist. Wie reich die Schweizer Film-Landschaft in der Zwischenzeit ist, erweist sich erst im Hinterland: Der vielbeachtete Dokumentarfilm «Neuland» von Anna Thommen ging leer aus. Den Filmpreis als bester Dokumentarfilm erhielt Peter Liechti, der mit Vaters Garten der Grosselterngeneration ein Denkmal setzte.
Gesamtschweizerische Lockerheit
Herzklopfen schien also garantiert, als die Prominenten, darunter Rolf Lissy, Gilles Tschudi und Markus Imhoof, die Couverts öffneten, um die Gewinner zu verkünden. Die Spannung sank allerdings ein wenig, als die Aufmerksameren unter den Filmerinnen bemerkten, dass sich die Saalkamera vor Verkündigung auf den jeweiligen Preisträger senkte – nicht unbedingt eine überraschende Entdeckung bei Menschen, die ein grosses Gespür für Kamerabewgungen haben. Marcus Signer jubelte schliesslich am prächtigsten in die Kamera. Er gewann den Preis als Hauptdarsteller.
«Left Foot Right Foot», der schon beim Zürich Film Festival aufgefallen war, fand immerhin drei Preisträger: Denis Jutzeler für seine stupende Kameraarbeit, Dimitri Stapfer für die beste Nebenrolle und Françoise Nicolet für die Ausstattung. Damit haben die Überraschungsfilme sich durchaus auf die Ehrenplätze gespielt: Ebenfalls zu Ehren kam «Traumland» mit der besten Darstellerin Ursina Lardi, die auch für den besonderen Farbtupfer in der Schweizer Filmlandschaft sorgte. Für einen Augenblick waren während ihrer Danksagung auf der Bühne sämtliche Sprachgrenzen ausgehebelt: Wie die Moderatorin Maria Victoria Haas konnte auch sie in allen vier Landessprachen den Anwesenden spielend das Gefühl vermitteln, dass sie sich verstehen – die beiden Frauen bewiesen mit ihrem rätoromanischen Dialekt-Talk, dass man eine Sprache nicht beherrschen muss, um sich über ihre Grenzen hinweg zu verstehen.
Der Bundesrat als Kinogänger
Bundesrat Berset (der sich sichtlich unter Menschen mit Esprit und Künstlergeist wohler fühlt, als – wie er es vorsichtig sagte – im Bundeshaus), liess es sich nicht nehmen, den Ehrenpreis an Alexander J. Seiler zu überreichen. Als er den Pionier des Schweizer Dokumentarfilms auf die Bühne bat, war das denn auch der berührendste Augenblick des Abends.
Bedächtig, die Worte wägend, dankte Seiler für die Ehre und – ja- das Geld. Das Geld nämlich, fügte Seiler nachdenklich bei, erhebe die Ehre zu etwas, was sie nicht nur für die Lobenden sinnvoll mache, sondern auch für den Gelobten. Oft genug habe man Künstler wohl geehrt, aber nicht genährt. Jetzt habe man wohl eingesehen, dass es auch anders geht.
Ähnlich sahen es auch jene Mehrzahl der Nominierten, die schliesslich ungeehrt – aber mit Geld in der Tasche – nach Hause gingen (die Preissumme war bei allen schon für die Nomination fällig geworden). Viele Nominierte waren darum vielleicht gar nicht so unglücklich, wenn sich die TV-Sieger-Kamera im Saal während der Verkündigung nicht vor ihnen senkte. Das ersparte ihnen die Dankesrede.
«Der Goalie bin ig», Sabine Boss, C-Films
Traumland, Petra Volpe, Zodiac Pictures
«Left Foot Right Foot», Germinal Roaux, CAB Productions
«Vaters Garten» von Peter Liechti