Eines seiner Wahlversprechen hat Gianni Infantino bereits eingelöst. Der neue FIFA-Präsident organisiert ein erstes Heimspiel – und die Fussball-Prominenz verneigt sich in Zürich nahezu lückenlos.
Der neue Patron ist in der internationalen Szene gut vernetzt. Innerhalb von 72 Stunden nominierte er für seinen persönlichen Kick-off-Tag eine Auswahl mit klingenden Namen. Die Parade der Altstars ist lang – Stéphane Chapuisat fährt in der Limousine vor, der zweifache Champions-League-Sieger Geremi schreibt Autogramme, die italienischen Ex-Weltmeister Fabio Cannavaro und Gianluca Zambrotta sind zusammen mit der Milan-Ikone Paolo Maldini angekommen, der frühere Weltfussballer Luis Figo und der ukrainische Sportbotschafter Andrej Schewtschenko erweisen dem Schweizer Wahlsieger ebenfalls die Ehre.
Das erste Wort hat aber selbstverständlich Capo Gianni: «Der Fussball ist zurück in der FIFA, die FIFA ist zurück im Fussball. Der Fussball übernimmt, grazie mille!» Die Message ist klar, die Botschaft kommt an. Der Ball rollt auch in der Krise. Und: Im Zentrum soll so rasch wie möglich wieder das Spiel stehen. «Die Hauptdarsteller stehen auf dem Rasen», sagt Infantino.
Gegen 300 Zuschauer interessieren sich für Infantinos sportlichen Einstand auf dem Zürichberg. Zahllose internationale TV-Kamerateams fangen seit Tagen jede Bewegung und Äusserung des wortgewaltigen Wallisers ein. Kurz nach 12 Uhr betritt der ranghöchste Fussballer den Kunstrasen – als Captain zwar, aber nicht mit der Nummer 10, der neue Chef trägt die Neun.
Der «Mann aus dem System» (O-Ton ZDF) kennt die feinen Unterschiede und Finessen einer smarten Aussendarstellung. Er sieht sich selber als Macher, nicht als Spielmacher: «Tore sollen jene schiessen, die dafür zuständig sind.» Ein PR-Spruch klar, aber Infantinos Timing stimmt.
Nach dem Spass der harte Alltag
Dass er in zwei Spielen torlos bleibt und das Feld mit einer persönlichen Minus-Fünf-Bilanz verlässt, ist am symbolträchtigen Tag der vielen netten Gesten und schönen Worte unerheblich. Nur ausgesprochen zynische Beobachter würden die ersten beiden Niederlagen auf dem Nebenschauplastikplatz als Fehlstart taxieren.
In den kommenden Monaten muss Infantino in der FIFA-Equipe nicht als Mittelstürmer brillieren. Punkten muss er ab sofort auf operativer Ebene. Nach dem (Fussball-)Spass unter prominenten Freunden ist vor der Auseinandersetzung mit womöglich weniger zuvorkommenden US-Kontrahenten.
Noch immer forschen im Home of FIFA amerikanische Anwälte nach möglichen Ungereimtheiten in den Büchern der angeschlagenen Organisation. «Ich habe keine Angst», betont Infantino am ersten Arbeitstag in der improvisierten Mixed-Zone im vereinseigenen Fitnesscenter in kurzen Hosen. Er baut auf sein Programm, die Reformen zeitnah umzusetzen: «Seriös, mit harter Arbeit und Disziplin.»
Seine Befürworter trauen ihm das zu – allen voran der ehemalige portugiesische Top-Star Figo, der sich im letzten Mai während ein paar Wochen selbst als Nachfolge-Kandidat Blatters sah. «Gianni kann diesen wichtigen Prozess managen. Unter ihm wird sich einiges ändern, und das ist gut und nötig für den Fussball.»
Der versöhnliche Scheich
Gute Wünsche kommen am Tag des Aufbruchs in eine neue Ära auch von einem, der selber vorhatte, den FIFA-Thron zu besteigen: Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa, mit Kappe und in Trainerhosen gut getarnt, steht statt auf der grünen Bühne nur hinter dem Tor in der zweiten Besucherreihe: «Ich respektiere Gianni sehr.»
Der Verlierer des FIFA-Jahres schlägt versöhnliche Töne an: «Die Wahl ist jetzt vorbei. An unserer Beziehung ändert sich nichts. Wir waren und bleiben Freunde.» Sie müssten künftig eng und gut zusammenarbeiten: «Es geht um das Wohl des Fussballs.»