Intelligenz, ein nicht erlahmender Ehrgeiz, Eloquenz: Unter anderem diese Eigenschaften führen Gianni Infantino auf die Position des «obersten Fussballers» der Welt.
Nach sieben Jahren als Generalsekretär des europäischen Verbandes UEFA rückte der 45-jährige Rechtsanwalt aus Brig mit dem Wahlsieg im Hallenstadion auf die Position des FIFA-Präsidenten auf. Er kam aus dem Schatten des inzwischen abgesetzten UEFA-Präsidenten Michel Platini, nun beerbt er mit Sepp Blatter einen, der in Visp, keine zehn Kilometer talauswärts, seine Walliser Wurzeln hat – und wie Platini nicht ganz freiwillig aus seinem Amt ausschied.
Infantino, nach eigenen Aussagen ein höchst durchschnittlicher Fussballer im Oberwallis, hat sich als Sohn italienischer Immigranten zum Rechtsanwalt mit Erfahrung in der Klublizenzierung bei der UEFA hochgearbeitet. Der mit einer Libanesin verheiratete vierfache Familienvater ist ein guter, stil- und dossiersicherer Conférencier. Er beherrscht ein halbes Dutzend Sprachen ebenso gut wie das Setzen auf Emotionen und Leidenschaft.
Das zeigte Infantino auch bei seiner abschliessenden Rede vor dem FIFA-Kongress. In fünf Sprachen liess er seinen Charme spielen. Er habe eine Reise angetreten, «die ich vor fünf Monaten gar nicht vorhatte». Aber der Ruf der FIFA habe gelitten. «Dann hat man zwei Möglichkeiten: sich zu verstecken und zu warten, oder aufzustehen und das Richtige zu tun.» Er gab sich als glühender Verehrer des Fussballs und auch als Mann, der die kleinen Verbände, die Entwicklung im Auge haben wird. Und er wiederholte sein Versprechen, für alle mehr Geld zu generieren und zu verteilen: «Das Geld der FIFA ist Ihr Geld!»
Infantino strebt an, die Einkünfte des Weltverbandes innert zwei Jahren auf 5,5 Milliarden Dollar zu steigern. Davon will er in der kommenden Vierjahresperiode 1,2 Milliarden Dollar in Entwicklungsprojekte investieren. Den 209 Mitgliedern sollen so fünf statt wie davor etwas mehr als zwei Millionen Dollar zufliessen. Das Verdoppeln der Zuschüsse hatte unter anderem zu seinem (erfolgreichen) Wahlprogramm gehört, ebenso die Aufstockung des WM-Teilnehmerfeldes von 32 auf 40 Nationen. Spätestens auf seiner umtriebigen «Wahlkampf-Weltreise», die mit einer halben Million durch die UEFA alimentiert war, avancierte Infantino zum vermutlich charismatischsten der fünf Kandidaten. Und vor allem zu jenem ohne ungeklärte Verhältnisse in der Vergangenheit.