Matthias Glarner hat zwar zu den Anwärtern auf den Königstitel gegolten, wirklich gerechnet mit seinem Triumph haben aber die wenigsten. Der Berner erfüllt sich 2016 seine sportlichen Träume.
Glarner gehört seit Jahren zu den stärksten und konstantesten Berner Schwingern. Vor drei Jahren am Eidgenössischen in Burgdorf hatte der 30-Jährige aus Meiringen nach dem ersten Tag noch mit dem Festsieg liebäugeln können. Doch dann wurde Glarner zum Bauernopfer.
Weil die Berner Mannschaft derart stark war, musste er am zweiten Tag unter anderen gegen Christian Stucki (Gestellter) und den späteren Schwingerkönig Matthias Sempach (Niederlage) antreten. Statt mit einer Spitzenposition oder gar dem Sieg musste Glarner mit dem 5. Rang Vorlieb nehmen.
In seinen ersten Reaktionen sprach Glarner davon, dass das Fest in Burgdorf für ihn sehr lehrreich und wichtig gewesen sei. «Ich sagte mir danach, dass ich die Besten schlagen muss, wenn ich der Beste werden will», so Glarner. «Mit diesem Leitsatz habe ich die letzten drei Jahre gearbeitet. Ich bin weiter als in Burgdorf. Der Sieg hier ist nun das Resultat eines gelungenen Weges.»
Geholfen in den letzten drei Jahren hat Glarner in diesem Zusammenhang auch ein Zitat, dass ihn gemäss seiner Homepage seit Kindsbeinen begleitet: «Ihr müsst nicht, ihr dürft, aber wenn, dann macht ihr es richtig!». Nach 22 Jahren als aktiver Schwinger machte Glarner in Estavayer in der Tat alles richtig.
Auch wenn der Triumph von Estavayer alles überstrahlt, seinen «Traum» erfüllt hat er sich gemäss eigenen Aussagen bereits Mitte Juli, als er quasi vor seiner Haustüre in Meiringen-Unterbach das Bernisch-Kantonale Schwingfest gewann. Dieser Erfolg jedenfalls verlieh ihm in Estavayer Flügel.
Anders als in Burgdorf fiel er am zweiten Tag in der Rangliste nicht mehr zurück. Im Gegenteil. «Ich war die beiden Tage extrem fokussiert und mir ziemlich sicher, dass es klappen könnte», so Glarner zu seinem Wochenende. Der Berner Oberländer gilt als eher zurückhaltend, dafür umso überlegter. «Nichts bringt ihn aus Ruhe», beschreibt ihn ein ehemaliger Studienkollege.
Auch dass erstmals seit 76 Jahren wieder ein Schwinger triumphiert, der 30 Jahre oder mehr auf dem Buckel hat, ist für Glarner kein Zufall: «Aus der Sicht des Sports ist es logisch, dass es diesen über 30-jährigen König einmal geben wird. Mit der heutigen Trainingssteuerung und -planung ist es möglich, dass man bis in ein höheres Alter in einer guten Form bleiben kann.»
Es sei eine Frage der Zeit gewesen, bis dieses ungeschriebene Gesetz gebrochen werde. Glarner weiss, wovon er spricht. Der ausgebildete Polymechaniker ist studierter Sportwissenschaftler.