Globales Netz für sauberen Strom ist laut ETH-Studie machbar

Ein globales Stromnetz könnte die ganze Welt mit sauberem Strom versorgen. Laut einer ETH-Studie wäre ein „Globales Grid“ technisch und finanziell machbar. Damit könnte erneuerbare Energie in entlegenen Gegenden produziert und über grosse Strecken transportiert werden.

Windenergiepark in Nordfriesland (Archiv) (Bild: sda)

Ein globales Stromnetz könnte die ganze Welt mit sauberem Strom versorgen. Laut einer ETH-Studie wäre ein „Globales Grid“ technisch und finanziell machbar. Damit könnte erneuerbare Energie in entlegenen Gegenden produziert und über grosse Strecken transportiert werden.

In der Fachzeitschrift „Renewable Energy“ schlägt das Team um Göran Andersson von der ETH Zürich vor, wie so ein weltumspannendes Übertragungsnetz angelegt werden müsste, damit der Strom zu den Konsumenten gelangt.

Dazu haben die Forscher erkundet, wo in der Welt das Potenzial für Wind- und Sonnenenergie am grössten ist. Dies sind zumeist unwirtliche Gebiete wie Wüsten, Patagonien oder die Arktis. In ihrem Modell platzierten die Forscher dort Sonnen- oder Windkraftwerke und banden sie an bestehende Stromnetze an, wie die Online-Plattform „ETH Life“ am Dienstag berichtete.

Windenergie aus Grönland

Das erste Puzzleteil für das „Global Grid“ ist ein Offshore-Windpark vor der Ostküste Grönlands. Dort bläst der Wind im Schnitt mit mehr als 30 Kilometern pro Stunde und das Meer ist wenig tief. Per Seekabel würde der Strom via Island und die Färöer-Inseln nach Schottland aufs Festland geführt.

Dann könnte der Strom möglicherweise über eine 3200 Kilometer lange Tiefseeleitung weiter nach Kanada und in die USA geleitet werden. Dort ist der Spitzenverbrauch gegenüber demjenigen in Europa um mehrere Stunden verschoben. So könnten beide Spitzenzeiten mit der Windenergie aus dem Norden abgedeckt werden.

Gemäss ersten Schätzungen der ETH-Forscher dürften die Durchleitungskosten nicht viel höher liegen als bei Strom aus konventionellen Kraftwerken.

Technisch machbar

Technologien, die Strom mit niedrigen Verlusten über mehrere 1000 Kilometer transportieren, seien bereits etabliert, erklärte Erstautor Spyros Chatzivasileiadis von der ETH Zürich. Dazu gehört das Verlegen von Seekabeln oder die Hochspannungs-Gleichstrom-Technologie (HVDC), die in China, Brasilien, den USA und teilweise in Europa bereits im grossen Stil eingesetzt wird.

Den Einwand, dass ein die ganze Welt umspannendes Stromnetz viel zu teuer wäre, lässt Andersson nicht gelten: Die Investitionen für das „Global Grid“ seien vergleichbar mit denjenigen, die derzeit für den Auf- und Ausbau der Stromversorgung getätigt werden.

70 bis 90 Milliarden Euro

Vorsichtig geschätzt würde der Bau des Seekabelnetzes zur Übertragung des Stroms aus zahlreichen Windfarmen der Nordsee 70 bis 90 Milliarden Euro kosten. Andersson rechnet damit, dass diese Investitionen relativ rasch wieder eingespielt werden könnten, wie es Erfahrungen etwa mit der Tiefseeleitung zwischen Norwegen und den Niederlanden zeigten.

„Es lohnt sich, das Thema breit zu diskutieren“, erklärte Andersson. „Wenn wir in 50 Jahren saubere Energie wollen, dann müssen wir es heute anpacken.“ Das europäische Stromnetz werde jetzt umgebaut, und die Integration der alternativen Energien dürfe nicht verpasst werden.

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