Der Goldene Leopard des Festival del film Locarno für den besten Film geht nach Bulgarien: Die Regisseurin Ralitza Petrova erhält ihn für ihren Spielfilmerstling «Godless». Dessen Hauptdarstellerin Irena Ivanova erhält den Preis für die beste Schauspielerin.
«Godless» handelt von der jungen, aber bereits völlig verhärmten Altenpflegerin Gana, die ihren demenzkranken Schützlingen die Identitätskarten stiehlt, die ihr Freund dann auf dem Schwarzmarkt verhökert. Als einer ihrer Patienten sie mit der Liebe zur Musik ansteckt, beschliesst Gana, ihr trostloses Leben zu ändern – das bekommt ihr nicht gut.
Der Entscheid für «Godless» kam nicht überraschend, ebenso wenig wie der Preis der Jury für den von vielen Kritikern favorisierten Film «Scarred Hearts» des Rumänen Radu Jude. Der Film spielt 1937 in einem Sanatorium an der Schwarzmeerküste vor dem Hintergrund des erstarkenden Faschismus.
Den Leoparden für die beste Regie hat die Jury des internationalen Wettbewerbs dem Portugiesen João Pedro Rodrigues für «O Ornitologo» zugesprochen. Den Pardo für den besten Darsteller erhält Andrzej Seweryn für «The Last Family».
Zum besten Nachwuchsregisseur wurde der Japaner Mariko Tetsuya erkoren. Sein schockierender Film «Destruction Babies» verfolgt einen Jugendlichen, der eine Nacht lang sinn- und wahllos Menschen auf der Strasse verprügelt und wider Willen in sozialen Netzwerken zu einer Art Online-Game-Held mutiert.
Enttäuschende Schweizer
Das Publikum wählte – wenig überraschend – Ken Loachs Sozialdrama «I, Daniel Blake» zum besten Film auf der Piazza Grande. Die Fachjury der Zeitschrift «Variety», die ebenfalls die Piazza-Filme beurteilt, entschied sich dagegen für den Schweizer Film «Moka» von Frédéric Mermoud.
Ansonsten fielen für Schweizer Produktionen fast nur Brosamen ab: Michael Kochs Erstling «Marija», der sich für den Hauptwettbewerb qualifiziert hatte, erhielt eine besondere Erwähnung der Ökumenischen Jury und den Umweltpreis der Jugendjury. Der zweite Schweizer Film in der Hauptsparte, «La idea de un lago» von Milagros Mumenthaler, ging gleich ganz leer aus.
Immerhin gab es in der Sparte Cineasti del presente für die Schweizer Minderheits-Koproduktion «The Challenge» von Yuri Ancarani den Spezialpreis der Jury.
Zahlenmässig am meisten Ehrungen bekam der österreichische Film «Mister Universo» über einen jungen Löwendompteur, der sich auf die Suche macht nach seinem Idol, einem früheren Mister Universum. Neben lobenden Erwähnungen der Hauptjury und der Ökumenischen Jury gab es auch den FIPRESCI-Preis und zwei weitere Auszeichnungen.