Eine Untersuchung stellt den politischen Verantwortlichen der Affäre um den ehemaligen Direktor der Berner Strafanstalten Thorberg kein gutes Zeugnis aus. Im Fokus steht Regierungsrat Hans-Jürg Käser (FDP). Er weist die Kritik zurück.
Die Thorberg-Affäre kochte Anfang 2014 hoch, als bekannt wurde, dass der damalige Direktor der Strafanstalt offenbar mit Häftlingen per Du war und bei einer Bieler Drogenprostituierten verkehrte.
Der zuständige Regierungsrat Hans-Jürg Käser habe bereits im Sommer 2013 Hinweise erhalten, dann aber versucht, die Affäre möglichst unter dem Deckel zu halten, berichteten Medien.
Ein externer Experte untersuchte die Führung der Strafanstalt und das seinerzeitige Verfahren, das zur Anstellung von Gefängnisdirektor Georges Caccivio geführt hatte. Nicht Bestandteil dieser Untersuchung war die Rolle der politischen Verantwortlichen.
Diesen Fragen hat sich die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Berner Kantonsparlaments angenommen. Und sie verteilt schlechte Noten. Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser habe die Lage falsch eingeschätzt und dann primär auf Druck von aussen reagiert, so das am Donnerstag in einer Medienmitteilung präsentierte Fazit.
Erst nachdem die Medien das volle Ausmass der Affäre publik gemacht hatten, habe Käser rasch und konsequent gehandelt und den Anstaltsdirektor entlassen.
Käser weist Kritik zurück
Käser selber wies die Kritik am Donnerstag auf Anfrage zurück. Die Untersuchung der GPK hätte nichts Neues erbracht. Er habe seine Rolle korrekt wahrgenommen und angemessen gehandelt, sagte der Polizei- und Militärdirektor. Der Regierungsrat sei von ihm zeitlich und inhaltlich in genügendem Umfang informiert worden.
Zu seinen Gunsten legt Käser die Tatsache aus, dass die GPK es nicht für nötig hielt, dem Parlament einen Bericht mit Massnahmen und Empfehlungen abzugeben.
Tatsächlich hielt die GPK die Vorwürfe nicht für gravierend genug, um dem Parlament Bericht zu erstatten, wie GPK-Präsident Peter Siegenthaler (SP) auf Anfrage sagte.
Doch die Erkenntnisse einfach nur im Jahresbericht verstecken, wollte die GPK auch nicht. Darum habe man sich für einen Mittelweg, eine Medienmitteilung, entschieden, sagte Siegenthaler.
Die 17-köpfige GPK, in der alle grossen Parteien vertreten sind, hat nach Angaben des Kommissionspräsidenten die Erkenntnisse der Untersuchung einstimmig verabschiedet.
Verantwortung herumgeschoben
Nicht nur Käser, auch der gesamte Regierungsrat muss Kritik einstecken. Ihm wirft die GPK ein «formalistisches Verständnis von Regierungsverantwortung» vor.
Man habe die Angelegenheit auf ein Personalproblem reduziert, und sich auf den Standpunkt gestellt, die Regierung sei nicht die Anstellungsbehörde.
Die Rolle und das Funktionieren des Regierungsrates sei darum Gegenstand weiterer Arbeiten, kündigte GPK-Präsident Siegenthaler an.