Der 49-jährige Mann, der im August 2012 auf einem Hof in Wahlendorf schlimm gewütet hat, ist schuldunfähig. Das Regionalgericht Bern-Mittelland verfügte deshalb am Dienstag eine stationäre therapeutische Massnahme unter strenger Kontrolle.
Die vorsätzlich begangenen Taten seien gravierend. Doch sie seien gleichzeitig getrieben von einer Wahnvorstellung geschehen. Der Mann erfüllte die Tatbestände der Gefährdung des Lebens, der qualifizierten einfachen und schweren Körperverletzung und der Gewalt und Drohung gegen Beamte. Ein 68-jähriger Bauer büsste durch ihn das Augenlicht fast vollständig ein.
Für die betroffenen Bauersleute kam die Attacke wie ein Blitz aus heiterem Himmel; sie wurden zufällige Opfer eines psychisch gestörten Menschen, der sich im Dritten Weltkrieg wähnte. Zunächst machte er sich am Weidezaun zu schaffen, da er glaubte, die Tiere vor dem Verdursten retten zu müssen.
Als die Bewohner der zwei benachbarten Höfe erschienen, steigerte er sich in eine rational nicht begreifliche Wut. Mit einem Stock verprügelte er die 79-jährige Bauersfrau, die er zuvor aus einem Auto zerrte. Sie kam relativ glimpflich davon, weil ihr der Nachbar zu Hilfe eilte.
Diesen traf er zunächst mit einem Stein und machte ihn praktisch kampfunfähig. Danach traktierte der Hüne ihn aufs übelste. Äusserst gravierend war, dass er ihm brutal in beide Augen griff. Ein Auge ist irreversibel geschädigt, am andern blieb eine geringe Sehkraft erhalten.
Geständig und einsichtig
Der vorsitzende Richter führte in der Urteilsbegründung aus, es gelte zu unterscheiden zwischen der Schwere der Tatbestände und dem Zustand des Mannes zum Zeitpunkt der Tat. Er hatte bereits seit Jahren unter einer laut Gutachten «psychoaffektiven Störung» gelitten und hatte verhängnisvollerweise die Medikamente eigenmächtig abgesetzt.
Zwei Nächte vor dem Wüten auf dem Hof hatte er in der Nähe Gegenstände auf die Autobahn geworfen und damit eine lebensbedrohliche Gefahr heraufbeschworen. Auf dem Hof brachte er viel Leid über unbeteiligte Menschen, das nicht mehr gutzumachen ist.
Vor Gericht äusserte er einerseits glaubhaft Reue und sprach von einer Katastrophe, die er angerichtet habe. Andere Aussagen wirkten distanziert und ichbezogen. Der Bauer, der den Hof verpachten musste, war von einer erstaunlichen Gelassenheit. Er habe manchmal den «Läckmer» und es sei nicht mehr wie früher, sagte er etwa.
Der Täter hat die nun richterlich bekräftigte Massnahme im Zentrum St. Johannsen im Berner Seeland bereits im Mai angetreten. Sie ist begleitet von psychotherapeutischen Massnahmen und eingebettet in eine vielfältige Tagesstrukur. Der von der Verantwortlichen abgegebene Bericht lautet positiv.
Der Richter betonte, dass Lockerungen im Dispositiv wegen Rückfallgefahr nur nach strenger und umfassender Prüfung aller Faktoren möglich seien. Die Massnahme war von Anklage und Verteidigung gleichermassen befürwortet worden. Einzige Differenz in den Plädoyers war der Tatbestand der Gefährdung des Lebens, bei der das Gericht im Sinne des Anklägers entschied.