Grenzüberschreitende Stadtplanung: Ideen gibt es viele, Probleme auch

Grenzüberschreitende Stadtplanung ist aktuell und klingt zukunftsorientiert. Was bedeutet es, eine Stadt über Grenzen hinaus zu denken und wie kann aus einer Ideen nicht nur ein Plan, sondern Realität werden? Die Suche nach Antworten zu dieser Frage führt nicht zuletzt zur ersten grenzüberschreitenden Internationalen Bauausstellung, der IBA Basel 2020. Wenn wir Basel von oben betrachten, […]

Grenzüberschreitende Stadtplanung ist aktuell und klingt zukunftsorientiert. Was bedeutet es, eine Stadt über Grenzen hinaus zu denken und wie kann aus einer Ideen nicht nur ein Plan, sondern Realität werden? Die Suche nach Antworten zu dieser Frage führt nicht zuletzt zur ersten grenzüberschreitenden Internationalen Bauausstellung, der IBA Basel 2020.

Wenn wir Basel von oben betrachten, wird eins klar: dieser Stadtraum hat auf den ersten Blick keine sichtbaren Grenzen, sie wächst nicht nur über die Kantonsgrenze, sondern auch über die Landesgrenze hinaus. Trotzdem sind die politischen Grenzen eine Tatsache und auch in unserem Denken fest verankert. Wenn wir nach Weil am Rhein, oder nach St. Louis fahren, kommen wir in eine andere Welt, die nicht nur anders spricht und anders denkt, sondern auch eine andere Währung hat und andere Regeln und Gesetze.

Wie können wir – trotz den politischen Grenzen – grenzüberschreitend denken lernen, ohne dass wir unsere Unterschiedlichkeit verneinen, sondern sie erkennen, benennen und mit ihr arbeiten können? Und weshalb sollten wir das tun?

Vernetzung des trinationalen Raums

Ein aktuelles Beispiel grenzüberschreitender Stadtentwicklung ist die Verlängerung der Tramlinie 8 nach Weil am Rhein. Das Überqueren der Grenzen ist für viele Menschen, die hier im Dreiland wohnen, Alltag. Trotzdem wendet das Tram 8 in Kleinhüningen und fährt zurück Richtung Stadtzentrum. Das Projekt «Tram 8 grenzenlos» will die Linie deshalb bis zum Bahnhof in Weil am Rhein weiterführen und so eine grenzüberschreitende Mobilität auch im öffentlichen Verkehr ermöglichen.

Die Verlegung der Gleise geschah in Deutschland und der Schweiz unabhängig. Im Mai 2013 wurden die Gleise beider Seiten passgenau miteinander verschweisst. Auch das neue Zollgebäude hat Form angenommen: halb auf Deutschem, halb auf Schweizer Boden stehend war der Bau nicht nur rechtlich, sondern auch durch die unterschiedliche Berechnung der Höhen und Koordinaten eine besondere Herausforderung.

Das neue Zollhaus an der Grenze Basel/Weil am Rhein.

Das neue Zollhaus an der Grenze Basel/Weil am Rhein. (Bild: AS)

Auch die Tramlinien 3 und 11 sollen über in Zukunft über die Grenze nach Frankreich fahren. Bis zur Verlängerung der Tramlinie 11 wird es noch länger dauern, zuerst soll die Tramverbindung der Linie 3 zum Bahnhof nach Saint-Louis gebaut werden.

Der grenzüberschreitende Nahverkehr ist in Basel nichts Neues. Schon 1900 wurde die erste Tramlinie über die schweizerisch-französische Grenze nach Saint-Louis eröffnet. Später führte auch ein Tram über die schweizerisch-deutsche Grenze bei Lörrach D/Riehen CH. In den 1960er Jahren wurde es als letzte der beiden grenzüberschreitenden Tramverbindungen wieder eingestellt.

Von den Ideen über die Pläne…

Der Weg von den Ideen grenzüberschreitender Projekte zu den Plänen bis zur Umsetzung führt meistens über viele Hindernisse. Die Schwierigkeiten, die die politischen und wirtschaftlichen Grenzen verursachen, machen die Projekte zu Herausforderungen, die eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Partner voraussetzen.

Die Gründung des TEB (Trinationaler Eurodistrict Basel) im Januar 2007 entstand aus dem Wunsch der Erweiterung des Wirkungsfelds des TAB (Verein zur nachhaltigen Entwicklung der trinationalen Agglomeration Basel), der eine sinnvolle grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Raumplanung und Stadtentwicklung förderte. Der TEB will:

«Den gemeinsamen europäischen Lebens- und Wirtschaftsraum in der Trinatinalen Agglomeration Basel weiter […] stärken, die Identifikation der Menschen mit diesem gemeinsamen Lebensraum […] fördern, die demokratische Beteiligung der Bevölkerung in grenzüberschreitenden Angelegenheiten aus[…]bauen und die seit Jahrzehnten erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Interesse der BürgerInnen […] verbessern und effektiver […] gestalten.»

Diese Ziele will er unter anderem durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Projekten, die dem trinationalen Raum dienen, erreichen. Zu den aktuellen Projekten des TEB gehören neben dem «Kleinprojektefonds», dem «öffentlicher Verkehr und kombinierte Mobilität» und der «Entwicklungsvision 3Land» auch die Internationale Bauausstellung (IBA) Basel 2020.

… zur Umsetzung?

Die IBA Basel 2020 entstand aus einem Beschluss des TEB, von 2010 bis 2020 die erste grenzüberschreitende Internationale Bauausstellung zu verwirklichen. Dem Motto «Au-delà des frontières, ensemble – Gemeinsam über Grenzen wachsen» folgend will sie die Verbundenheit der Akteure und der Menschen in der trinationalen Region untereinander fördern. Sie will die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie die qualitative Weiterentwicklung der nationalen und internationalen Ausstrahlung der gesamten Agglomeration verbessern. Indem die IBA Basel 2020 das Engagement von privaten und öffentlichen Entscheidungsträgern fördert und gemeinsame Finanzierungspläne festigt, kann sie den Übergang von den Ideen und Plänen bis hin zur Umsetzung unterstützen.

Die IBA Basel 2020 ist projektbasiert. Das bedeutet in ihrem Fall, dass sie Projekte unterstützt und begleitet, die zur qualitativen Entwicklung des trinationalen Raums beitragen und gleichzeitig auch realisierbar sind. Die Projekte wurden im Rahmen eines mehrstufigen Ideenwettbewerb ausgewählt und sind einer von drei thematischen Gruppen zugeordnet: «Landschaftsräume, «Stadträume», die Projekte zur Stadtentwicklung und Mobilität beinhaltet, oder «zusammen leben».

Wie jetzt, konkret?

Ein Projekt der Gruppe «zusammen leben», das Teil der IBA Basel 2020 wurde, ist die Umnutzung eines früheren Industriegebäudes in ein Zentrum für Kunsthandwerk in Saint-Louis. Durch die Einrichtung von etwa 20 Werkstätten sollen bedrohte Berufe wie die Buchbinderei oder die Goldschmiedekunst unterstützt werden. Neben den Werkstätten sollen Veranstaltungs- und Begegnungsräume entstehen. Möglich wäre auch eine Vernetzung mit ähnlichen, bereits bestehenden Zentren in Basel (Gundeldingerfeld) und Weil am Rhein (Kesselhaus).

Der Regio Grüngürtel ist eine Website, die 100 aussergewöhnliche Naturorte in der trinationalen Region vorstellt. Bei jedem Ort wird die Natur beschrieben, wie man dorthin kommt, wie viel Zeit dafür benötigt wird und wo man etwas essen und trinken kann. Naturräume werden für die Menschen immer wichtiger, als Erholungsort, als Kontrast zur Stadt. Auf der Website kann in einer Liste oder auf einer Karte nach den verschiedenen Orten gesucht werden. Insgesamt wurden 43 Projekte von der IBA Basel 2020 aufgenommen, 8 davon sind nominiert, 32 vornominiert und 3 im Kandidatenstatus.

Unter dem Strich

Ideen gibt es viele, Probleme auch. Macht grenzüberschreitende Stadtplanung Sinn? Wo gibt es Grenzen? Gerade wenn es darum geht, Verbindungen zu schaffen, den Austausch untereinander zu erleichtern durch bessere Erreichbarkeit, scheint grenzüberschreitende Stadtplanung Sinn zu machen. Dem trinationalen Raum eine gemeinsame Identität geben, die der Identität der einzelnen Gebiete keine Konkurrenz ist. Etwas schaffen, das in der Unterschiedlichkeit verbindet.

Damit kommen auch die Schwierigkeiten. Grenzen geben Identität, aber sie trennen auch. Oft sind sie nicht direkt sichtbar, bis wir versuchen, sie zu überschreiten. Die politischen und wirtschaftlichen Grenzen im trinationalen Raum bleiben eine der grössten Herausforderungen. Grenzüberschreitende Stadtentwicklung ist sinnvoll, wenn wir das Ganze im Blick haben wollen, wenn wir uns gemeinsam entwickeln wollen. Aber sie zeigt uns auch klar die Grenzen – im Kopf und auf dem Papier. Eine gemeinsame, trinationale Stadtentwicklung ist möglich, wenn wir sie wollen und bereit sind, zusammen daran zu arbeiten. Sie lehrt uns aber auch, dass die Grenzen nicht ignoriert werden können, sondern integriert werden müssen, damit diese Zusammenarbeit möglich wird, damit wir gemeinsam mit unseren Grenzen leben können.

 (AS)

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