Das Grenzwachtkorps nimmt das Vorgehen bei Rückübergaben von Migranten unter die Lupe. Grund sind Vorwürfe der Familie einer schwangeren Syrerin, die nach einer Überführung von Frankreich über die Schweiz nach Italien ihr Kind in Domodossola tot geboren hatte.
Das Grenzwachtkorps (GWK) nimmt das Vorgehen bei Rückübergaben von Migranten unter die Lupe. Grund sind Vorwürfe der Familie einer schwangeren Syrerin, die nach einer Überführung von Frankreich über die Schweiz nach Italien ihr Kind in Domodossola tot geboren hatte.
Das GWK setze eine interne Arbeitsgruppe ein, die das Verfahren durchleuchten und auf allfällige Verbesserungsmöglichkeiten untersuchen werde, sagte Walter Pawel, Leiter Kommunikation des GWK, am Montag zu Berichten der Sonntagspresse. Wer in der Gruppe mitarbeite, sei noch offen, und es gebe keinen Zeithorizont.
In Kleinbussen statt mit dem Zug
Die schwangere Syrerin hatte zu einer Gruppe von 36 Flüchtlingen aus Syrien, Eritrea und Äthiopien gehört, die am Freitag in Frankreich in einem direkten Zug von Mailand nach Paris aufgegriffen worden war. Die Gruppe wurde in Vallorbe VD Schweizer Grenzwächtern übergeben und dann via Brig VS nach Domodossola (I) gebracht.
Es sei ein Spezialfall gewesen, sagte Pawel, wegen der langen Fahrt durch die Schweiz und wegen der Grösse der Gruppe. Deshalb seien die Menschen in sieben Kleinbussen der Grenzwache gefahren worden und nicht wie sonst in der Regel mit dem Zug. Üblich seien Rückübergaben von Brig nach Domodossola oder von Chiasso nach Como (I).
Von den 15 Grenzwächtern, die die Fahrt begleitet hatten, sei ein Teil krankgeschrieben, bestätigte Pawel Angaben der Zeitung «SonntagsBlick». Die übrigen würden nicht mehr bei Rückübergaben eingesetzt, sondern hätten andere Aufgaben übernommen.
Die Grenzwächter seien für den Umgang mit besonders verletzlichen Flüchtlingen geschult, betonte Pawel. Sie sprächen zwei Schweizer Amtssprachen und Englisch. Laut Pawel hätten die Flüchtlinge die Möglichkeit gehabt, in der Schweiz um Asyl zu ersuchen. Das hätten sie aber nicht getan.
Vorläufige Beweisaufnahme
Das Grenzwachtkorps hatte den von der Sendung «10vor10» des Schweizer Fernsehens SRF am Mittwoch publik gemachten Fall intern untersucht, einen Fehler nicht ausgeschlossen und das Dossier darum am Freitag der Militärjustiz zur Prüfung übergeben.
Die Militärjustiz eröffnete eine vorläufige Beweisaufnahme. Erst wenn der Schlussbericht des Untersuchungsrichters mit den Anträgen für das weitere Vorgehen vorliegt, wird entschieden, ob eine Voruntersuchung und damit ein Strafverfahren gegen eine oder mehrere Personen eröffnet wird oder nicht, wie Sprecher Tobias Kühne sagte.
«Bis es so weit ist, kann es Wochen bis Monate dauern.» Es gebe relativ viele Beteiligte am Verfahren und es müssten – mittels Rechtshilfe – Abklärungen im Ausland vorgenommen werden. Deshalb dürfte es ein eher längeres Verfahren geben, sagte Kühne.