Der frühere griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou ist wegen der Affäre um eine mutmasslich manipulierte Liste mit Steuerflüchtlingen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Ein Sondergericht in Athen befand den 53-Jährigen am Dienstag für schuldig, die Namen von Verwandten von einer Liste mit mutmasslichen griechischen Steuerhinterziehern gestrichen zu haben.
Ursprünglich musste er sich wegen Untreue und Urkundenfälschung verantworten, ihm hätte eine hohe Haftstrafe gedroht. Das Gericht liess jedoch nach Angaben aus Justizkreisen den ersten Vorwurf fallen und milderte den zweiten von einer Straftat zu einem Vergehen ab.
Papakonstantinou war von 2009 bis 2011 Finanzminister in der Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou. In dieser Funktion war er massgeblich an der Ausarbeitung des ersten Rettungspakets von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) beteiligt, mit dem Griechenland vor der Staatspleite bewahrt wurde.
Daten der Schweizer HSBC-Filiale
Im Oktober 2010 hatte die damalige französische Finanzministerin und heutige IWF-Chefin Christine Lagarde Papakonstantinou eine Datei mit den Namen von mehr als 2000 griechischen Staatsbürgern übergeben, die zweifelhafte Konten bei der Schweizer Filiale der britischen HSBC-Bank unterhielten.
Die Daten stammten von dem früheren HSBC-Angestellten Hervé Falciani, der 2007 umfangreiche Kundendaten der Schweizer Tochter gestohlen und sie 2009 den französischen Steuerbehörden übergeben hatte. Papakonstantinou und sein Nachfolger Evangelos Venizelos lehnten eine Verwendung der sogenannten Lagarde-Liste daher lange ab.
Unter öffentlichem Druck lenkte Athen im Oktober 2012 ein, konnte die Liste jedoch zunächst nicht mehr finden. Frankreich schickte sie daraufhin erneut nach Athen. Bei einem Abgleich mit der inzwischen wieder aufgetauchten ersten Liste kam heraus, dass auf dieser ausgerechnet die Namen von Papakonstantinous Verwandten fehlten.
Der 53-Jährige hatte die Vorwürfe stets bestritten und gesagt, er sei zum «Sündenbock» der Finanzkrise gemacht worden. Inzwischen hat er sich aus der Politik zurückgezogen.
Die neue Regierung unter Führung der linken Syriza-Partei hat eine Überprüfung der gesamten «Lagarde-Liste» angekündigt, um mögliche Steuerhinterzieher zur Rechenschaft zu ziehen.