Kurz vor der Abstimmung ist der Gripen-Entscheid noch völlig offen. Gemäss der neuesten SRG-Trendumfrage haben die Gegner zwar weiterhin die Nase vorn, aber ihr Vorsprung schmilzt. Die Mindestlohninitiative hat hingegen kaum Erfolgschancen.
Die Gegner des Gripen-Kaufs verfügen in der Schlussphase des Abstimmungskampfs über eine knappe Mehrheit. Wäre Ende April über die Vorlagen der eidgenössischen Volksabstimmung vom 18. Mai abgestimmt worden, hätten 51 Prozent der Befragten ein Nein in die Urne gelegt, 44 Prozent ein Ja. 5 Prozent waren noch unschlüssig.
Dies zeigt die zweite SRG-Trendumfrage, die vom Forschungsinstitut gfs.bern durchgeführt und am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Befürworter haben jedoch zugelegt. Deshalb ist der Ausgang der Abstimmung laut den Politologen offen. Bei der ersten Erhebung Ende März hatten 52 Prozent der Befragten den Gripen-Kauf abgelehnt, 42 Prozent waren damals dafür.
Klare Rechts-links-Tendenz
Zugenommen hat die Zustimmung zum Gripen-Fonds-Gesetz im bürgerlichen Lager. 72 Prozent der SVP-Wähler sind bestimmt oder eher dafür. Vor Monatsfrist waren es noch 65 Prozent. Von den FDP-Sympathisanten bejahen insgesamt 66 Prozent den Flugzeugkauf – gegenüber 49 Prozent Ende März.
Deutlich für den Kauf setzen sich auch Wähler der CVP ein. Unterstützten Ende März nur 47 Prozent die Gripen-Beschaffung, waren es einen Monat später bereits 58 Prozent. Mehrheitlich gegen den Gripen-Kauf sind die Wählenden der Linken und die Parteiungebundenen. Letztere dürften wohl das Zünglein an der Waage sein.
Gripen-kritische Westschweiz
Gestiegen ist die Zustimmung zum Gripen in der italienisch- und deutschsprachigen Schweiz, während sich in der Romandie genau das Gegenteil abspielt. Mit einem Verhältnis von 48 zu 49 Prozent sind in der deutschen Schweiz beide Lager praktisch gleich stark.
In der italienischen Schweiz überwiegt das Nein-Lager mit 47 zu 43 Prozent. Klar gegen einen Gripen-Kauf stellt sich die Romandie: Hier stehen sich momentan 29 Prozent Befürworter und 59 Prozent Gegner gegenüber.
Kleinere Mehrheit für Pädophileninitiative
Klarer sind die Verhältnisse bei der Pädophileninitiative, welche von der Organisation Marche Blanche lanciert wurde. 59 Prozent der Befragten neigen gegenwärtig dazu, dem Volksbegehren zuzustimmen, 33 Prozent wollen ein Nein in die Urne legen. Entschieden sei der Abstimmungsausgang aber nicht, schreiben die Politologen.
Denn die Gegner haben im Vergleich zur letzten SRG-Umfrage deutlich zugelegt. Ende März stellten sich nur 19 Prozent der Abstimmungswilligen bestimmt oder eher gegen die Initiative. Einen Monat später sind es bereits 33 Prozent. 8 Prozent sind noch unentschlossen.
Die Politologen sehen die deutliche Veränderung vor allem mit dem Seitenwechsel vieler linken Wähler begründet. Während des Abstimmungskampfes wechselten vermehrt Sympathisanten der SP und der Grünen vom Ja- ins Nein-Lager – und folgen somit den Parteiparolen.
Deutliches Nein beim Mindestlohn
Keine Chance hat wohl die Mindestlohninitiative. 64 Prozent der Befragten hätten das von den Gewerkschaften lancierte Volksbegehren Ende April abgelehnt. Nur 30 Prozent wollen einen nationalen gesetzlichen Mindestlohn von 4000 Franken im Monat. Die Gegnerschaft hat verglichen mit der ersten Umfrage noch einmal um 12 Prozentpunkte zugelegt.
Auffällig bei der Umfrage: Selbst Personen, die direkt betroffen wären, also weniger als 4000 Franken im Monat verdienen, wollen mehrheitlich gegen die Vorlage stimmen.
Kaum beachtete vierte Vorlage
Den Bundesbeschluss zur medizinischen Grundversorgung geht neben den anderen drei Vorlagen fast unter. Entsprechend tief ist die Meinungsbildung in dieser Frage: 19 Prozent der Befragten sind unschlüssig.
Dies dürfte aber keinen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis haben. Die Vorlage wird aller Voraussicht nach durchkommen. Aktuell würden 71 Prozent für die Vorlage stimmen, 10 Prozent dagegen. Nicht einmal bei der SVP, die eine Nein-Parole beschlossen hat, will eine Mehrheit der Wähler gegen die Vorlage stimmen.
Hohe Stimmbeteiligung
Nach einer hohen Stimmbeteiligung von über 56 Prozent bei der letzten eidgenössischen Abstimmung im Februar zeichnet sich für den 18. Mai wieder ein überdurchschnittlicher Wert ab. Wäre Ende April abgestimmt worden, hätten sich 50 Prozent der Stimmberechtigten beteiligt.
Das Forschungsinstitut gfs.bern befragte zwischen dem 25. April und dem 3. Mai rund 1400 Stimmberechtigte in den drei hauptsächlichen Sprachregionen. Der statistische Fehlerbereich beträgt plus/minus 2,7 Prozent.