Belinda Bencic gewinnt beim Premier-Turnier in Toronto ihren bisher grössten Titel. Im Final gegen die Ostschweizerin gibt die Weltnummer 3 Simona Halep beim Stand von 7:6 (7:5), 6:7 (4:7), 3:0 auf.
Auch die vierte Top-6-Spielerin in fünf Tagen vermochte Belinda Bencics sensationellen Lauf in der kanadischen Metropole nicht zu stoppen. Nach der Weltranglistenersten Serena Williams am Samstag rang sie auch die Rumänin Simona Halep nieder. Eine Vorentscheidung fiel am Ende des ersten Satzes, als die Schweizerin im Tiebreak nach bereits über einer Stunde Spielzeit einen 1:4-Rückstand noch wendete. Halep, die in diesem Jahr bereits drei Turniere gewonnen hat, baute danach auch physisch ab und war durch eine Oberschenkelverletzung sichtlich handicapiert.
Dies machte die Aufgabe für Bencic aber nicht unbedingt einfacher. Halep, deren Stärke eigentlich die Laufarbeit und Geduld ist, versuchte entgegen ihrem Naturell die Punkte schneller zu gewinnen und riskierte mehr. Dies reichte, um die junge Schweizerin gehörig zu verunsichern. Sie tat sich schwer, gegen ihre angeschlagene Kontrahentin, die bei einem Seitenwechsel noch den Blutdruck messen liess und ein zweites medizinisches Timeout beanspruchte, die richtige Mischung zwischen sicherem und zu passivem Spiel zu finden. Mit einem Mal war die Coolness und Nervenstärke, die Bencic während der ganzen Woche ausgezeichnet hatte, wie weggeblasen. Der in Wollerau im Kanton Schwyz wohnhafte Teenager verspielte eine 5:3-Führung, rette sich aber immerhin in ein erneutes Tiebreak.
Halep gewann dieses gegen die sichtlich verunsicherte Schweizerin zwar, doch im dritten Satz fand diese den Tritt wieder. Bencic ging schnell mit zwei Breaks 3:0 in Führung. Das war dann zu viel des Schlechten für Halep. Nach zweieinhalb Stunden warf die Rumänin zur Verblüffung von Bencic das Handtuch. Für ihren bisher grössten Erfolg steckt die Schweizerin rund 450’000 Franken Preisgeld ein. Sie ist die erste Schweizer Siegerin beim kanadischen Turnier seit ihrer heutigen Mentorin Martina Hingis 1999 und 2000. «Ein Sieg ist ein Sieg», meinte Bencic fast etwas verlegen. Sie gab aber zu, dass sie sich schwer getan habe. Wichtig sei gewesen, dass sie den ersten Satz nach grossem Kampf noch gewonnen habe.
Bereits in diesem hatten sich Bencic und Halep einen Abnützungskampf geliefert, in dem beide Spielerinnen Mühe bekundeten, ihre Aufschlagspiele siegreich zu gestalten. Dreimal legte Bencic mit einem Break vor, zweimal konterte Halep gleich wieder, einmal – zum 4:4 – mit einem Game Verzögerung. Bei 4:5 und 5:6 zeigte sich der Teenager aus Flawil aber nervenstark und brachte ihren Service sicher durch. Im Tiebreak startete sie fehlerhaft, fing sich jedoch rechtzeitig wieder auf.
Nach ihrem zweiten Turniersieg der Karriere (nach Eastbourne im Juni auf Rasen) wird sich Belinda Bencic am Montag auf Platz 12 der Weltrangliste verbessern. Sie beeindruckte in Toronto mit sechs Siegen in sechs Tagen gegen die Nummern 1 (Williams), 3 (Halep), 5 (Caroline Wozniacki), 6 (Ana Ivanovic), 24 (Sabine Lisicki) und 25 (Eugenie Bouchard), die allesamt schon Grand-Slam-Finals erreicht haben. Dabei bezwang sie so unterschiedliche Spielerinnen wie die aufschlagstarken und druckvoll spielenden Williams, Ivanovic oder Lisicki ebenso wie ballsichere Akteurinnen wie Wozniacki oder Halep. Kein Wunder, sagte die 21-fache Grand-Slam-Gewinnerin Williams voll des Lobes: «Belinda hat eine grosse Zukunft vor sich.» Die Gegenwart ist allerdings auch nicht übel…
Und Halep lobte nach dem Final auch explizit Bencics kämpferische Qualitäten. «Du hast einfach nicht aufgegeben», meinte die Rumänin. «Du bist eine grossartige Kämpferin. Am Schluss konnte ich einfach nicht mehr.»