Die Behörden in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong haben das grösste Protestlager der Demokratie-Bewegung teilweise geräumt. Metallzäune und andere Barrikaden vor einem Büro-Wolkenkratzer im Bezirk Admiralty wurden am Dienstag abgebaut.
Die Besitzer des Citic Towers, der gegenüber dem Regierungssitz liegt, hatten die Räumung erwirkt, weil die Barrikaden den Zugang zum Gebäude versperrten.
Seit Ende September blockieren die Demonstranten drei Hauptverkehrsadern der Millionenmetropole. Ihre Zeltlager sollen nun – gegen den Willen der Aktivisten – schrittweise abgebaut werden.
Die erste Räumung war von den Behörden vorab angekündigt worden, weshalb dort am Citic Tower nur noch wenige Demonstranten ausharrten. Als die Einsatzkräfte weitere Zäune an einem nahegelegenen Kreisverkehr wegschafften, gab es Wortgefechte mit einigen Aktivisten, aus deren Sicht dieser Bereich nicht unter die entsprechende gerichtliche Anordnung fällt.
Der Gerichtsbeschluss betrifft nur die unmittelbare Umgebung des Citic Towers und lässt einen langen Strassenabschnitt aussen vor, auf dem unweit des Wolkenkratzers nach wie vor Hunderte Zelte der Demonstranten stehen.
Aktivisten fordern Verhandlungen
Der Abgeordnete Lee Cheuk Yan, der die Demokratie-Bewegung unterstützt, warf der von Peking kontrollierten Stadtverwaltung vor, «sich hinter den Gerichten zu verstecken» und die Proteste unter dem Deckmantel juristischer Beschlüsse abzuwürgen. «Wir wollen, dass die Regierung verhandelt – wir wollen keine Polizeieinsätze», sagte Lee.
Die Demokratiebewegung verlangt, dass die nächste Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone in drei Jahren frei gewählt wird. Peking behält sich allerdings das Recht vor, die Kandidaten vorab auszuwählen – wodurch Hongkong aus Sicht von Kritikern zwangsläufig ein Mündel der Zentralregierung bleiben dürfte.
Öffentliche Meinung gekippt
Viele Einwohner, Geschäftsleute sowie Bus- und Taxiunternehmen der Finanzmetropole sind wegen des anhaltenden Verkehrschaos inzwischen wütend auf die Demonstranten. Die öffentliche Meinung scheint sich erstmals gegen die Regierungskritiker gewendet zu haben.
Laut einer Umfrage der Universität Hongkong sind 70 Prozent der Hongkonger Bevölkerung gegen weitere Demonstrationen und für eine Räumung der Protestlager. 43 Prozent der Befragten sprachen sich gegen die Protestbewegung aus.
Zudem gehen Behörden auf dem Festland seit Wochen gegen Unterstützer der Proteste in Hongkong vor. Einem Aktivisten aus der südchinesischen Stadt Guangzhou drohen laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International für seine öffentlich geäusserten Sympathie mit den Demonstrationen in Hongkong bis zu fünf Jahre Haft.