„Nein zum sanften Putsch des Militärs“ – unter diesem Motto hat die Jugendbewegung des 6. April am Freitag zu einer Grossdemonstration in Kairo aufgerufen. Die Initiatoren der Revolution in Ägypten 2011 fürchten nach der Auflösung des Parlaments durch das Verfassungsgericht um die Demokratisierung des Nil-Landes.
Bei einbrechender Dunkelheit versammelten sich am Freitag grosse Menschenmassen auf dem Kairoer Tahrir-Platz, wo im vergangenen Jahr der Aufstand gegen Husni Mubarak begonnen hatte. Bereits am Donnerstag, nach Veröffentlichung des Urteils, war es im ganzen Land zu neuen Protesten gekommen.
Mehr als ein Drittel der Mandate sei nicht in der vorgeschriebenen Weise vergeben worden, hatte das Oberste Verfassungsgericht in Kairo erklärt. Die gesamte Zusammensetzung des Parlaments sei somit illegitim. Zugleich bestätigten die Richter die Präsidentschaftskandidatur von Ahmed Schafik, der unter Ex-Machthaber Husni Mubarak zuletzt als Ministerpräsident diente.
Die Muslimbruderschaft erhob schwere Vorwürfe gegen das in der Ära-Mubarak eingesetzte Verfassungsgericht. Mit dieser Entscheidung und der Zulassung von Schafik würden die Fortschritte seit dem Sturz von Staatschef Mubarak zunichtegemacht, erklärten die Islamisten in einer Stellungnahme.
Schwerer Schlag für die Muslimbrüder
Vor allem für die Muslimbruderschaft ist die Parlamentsauflösung ein schwerer Schlag. Bei der Wahl hatte die Gruppe fast die Hälfte der Sitze gewonnen. Ein ähnlicher Erfolg bei einer Neuwahl gilt als unwahrscheinlich.
In den zurückliegenden Monaten erweckte die Muslimbruderschaft aus der Sicht vieler Ägypter den Eindruck einer machthungrigen Gruppe, die mehr mit sich selbst als mit den Problemen der Nation beschäftigt sei.
Auch die Zulassung Schafiks zu den Präsidentschaftswahlen war eine bedeutende Entscheidung des Verfassungsgerichtes. Der frühere Ministerpräsident darf damit am (morgigen) Samstag und Sonntag in der Stichwahl gegen den Islamisten Mohammed Mursi von der Muslimbruderschaft antreten. Dieser erklärte, er sei mit der Entscheidung unzufrieden, akzeptiere sie jedoch.
Geduld bis Freitag
Zur Stichwahl sind rund 52 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen. Die Auszählung soll am Montag beendet werden. Die Wahlkommission will das offizielle amtliche Endergebnis erst am kommenden Freitag veröffentlichen.