Sport und körperliche Aktivität können Depressionen lindern. Diese lange gehegte Annahme bestätigen Berner und deutsche Forschende nun in einer grossen Übersichtsstudie. Sie weisen auch nach, dass Bewegung im Gehirn teilweise gleiche Effekte auslöst wie Antidepressiva.
Das Team um Mirko Wegner vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern hat alle verfügbaren Übersichtsstudien zur Wirkung von Sport auf Angststörungen und Depressionen zusammengefasst, wie die Uni Bern am Dienstag mitteilte. Diese insgesamt 37 Metaanalysen beinhalteten Daten von je mehr als 40’000 Personen mit diesen Störungen.
Alle Studien massen die Stärke des antidepressiven respektive angstlösenden Effekts. Wegner und seine Kollegen von der MSH Medical School Hamburg kommen zum Schluss, dass Sport und körperliche Aktivität positiv auf Depressionen auswirken und auf ähnliche Weise wirken wie Antidepressiva, wie sie nun im Fachjournal «CNS & Neurological Disorders – Drug Targets» berichten.
Glückshormone vermehren
Antidepressiva steigern die Konzentration des auch «Glückshormon» genannten Gehirnbotenstoffs Serotonin im Gehirn, der unter anderem Stimmung, Gefühl, Schlaf und Appetit steuert. Ausserdem fördern Antidepressiva die Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus, einer Region im «Gefühlszentrum» des Gehirns, dem limbischen System.
Depressionen hingegen führten zum Absterben von Zellen in dieser Hirnregion, erklären die Forscher. Sport und körperliche Aktivität wirkten somit ähnlich wie die Medikamente: Auch sie lassen den Serotoninspiegel im Blut ansteigen und regen das Wachstum der Nervenzellen im limbischen System an.
Wie oft Sport treiben
«Leider lassen die Metaanalysen keine Schlüsse zu, wie oft und wie lange wöchentlich Sport getrieben werden sollte», sagte Studienleiter Wegner in der Mitteilung. «Man kann aber sehen, dass Sport und körperliche Aktivität Depressionen mildern.» Während der Effekt bei Depressionen mittelgross war, war der Nutzen von Sport bei Angststörungen nur gering.
Da Sport kostengünstig ist und nur wenige Nebenwirkungen hat, sehen die Forscher darin eine gute Ergänzung zu anderen Therapien. Ob und vor allem in welchem Ausmass Bewegung Medikamente bei leichten Depressionen ergänzen oder sogar ersetzen könne, müsse jedoch noch untersucht werden, betonen sie.
In den westlichen Industrienationen leidet mindestens jede zehnte Person im Verlauf ihres Lebens einmal an Depressionen. werden von zahlreichen psychischen und physischen Beschwerden begleitet wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, sexuelle Inaktivität oder Schlafstörungen. Traditionell erfolgt die Behandlung von Depressionen mit Medikamenten (Antidepressiva) und Psychotherapie.