Millionen von Ägyptern haben ihre Stimme abgegeben, um das erste Parlament nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak zu wählen. Nach Angaben von Beobachtern lief der erste Wahltag am Montag fast überall friedlich ab.
Die Wahlbeteiligung lag vielen Wahllokalen zwischen 50 und 70 Prozent und damit deutlich höher als bei den letzten Wahlen unter Mubarak. Die Wahllokale schlossen um 21.00 Uhr Ortszeit. Am Dienstag sollen sie erneut öffnen, um allen Wählern, die bislang nicht zum Zuge gekommen waren, eine zweite Chance zu geben.
Das neue Parlament wird in einer monatelangen Prozedur bestimmt. Insgesamt dauern die Wahlen fast sieben Wochen. Das Ergebnis soll Mitte Januar feststehen. Rund 40 Millionen Wahlberechtigte dürfen über insgesamt 498 Mitglieder des Abgeordnetenhauses abstimmen, zehn weitere Parlamentarier benennt die Armee.
Militärrat bliebt vorerst an der Macht
Der zweite Wahlgang für rund 17,5 Millionen Wahlberechtigte in Kairo und Alexandria findet am 5. Dezember statt. Danach sollen die beiden anderen Stimmbezirke des Landes folgen. Nach Abschluss der Abgeordnetenhauswahl sollen dann bis Mitte März die Mandate für die zweite Kammer vergeben werden.
Wichtigste Aufgabe des neuen Parlaments wird die Einsetzung einer verfassungsgebenden Versammlung sein. Der Militärrat, der nach Mubaraks Sturz faktisch die Führung des Landes übernahm, wird aber an der Macht bleiben, bis ein ziviler Präsident gewählt ist. Dies soll im Juni 2012 geschehen.
Muslimbrüder favorisiert
Die jahrzehntelang verbotenen Muslimbrüder gehen als Favoriten ins Rennen. Ihr politisches Bündnis nennt die Bruderschaft „Partei der Freiheit und der Gerechtigkeit“. Zu der Wahl tritt auch die im Oktober gegründete und aus mehreren marxistischen Gruppen bestehende Partei „Die Revolution geht weiter“ an.
Nur kleinere Zwischenfälle
Grössere Zwischenfälle wurden am Montag zunächst nicht bekannt. Sie waren nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen auf dem Kairoer Tahrir-Platz befürchtet worden, bei denen vorige Woche mehr als 40 Menschen getötet worden waren. Die grosse Mehrheit der Wählenden wartete geduldig und diskutierend auf die Stimmabgabe.
Bei der Wahlkommission gingen vor allem Beschwerden gegen die islamistische Partei für Freiheit und Gerechtigkeit und die radikal-islamistische Partei Al-Nur ein. Beiden Parteien wurde vorgeworfen, sie hätten Wähler mit eigenen Fahrzeugen eingesammelt, um sie zu den Urnen zu bringen.