Neue Resultate einer langjährigen Studie mit 90’000 Frauen in Kanada zeigt auf, dass mit einer jährlichen Mammografie nicht weniger Frauen an Brustkrebs sterben als ohne. Dafür würden viele Frauen überbehandelt.
Die Studie stützt das jüngste Urteil eines Schweizer Fachgremiums. Das Team um Anthony Miller von der Universität Toronto hatte vor 25 Jahren 90’000 gesunde Frauen durch Los in zwei Gruppen eingeteilt. Je die Hälfte wurde fünf Jahre lang entweder jährlich mit Mammografie untersucht oder mit dem herkömmlichen Abtasten der Brust.
Das Ergebnis 25 Jahre später: Mit Screening waren 500 von 44’925 Frauen an Brustkrebs gestorben und ohne 505 von 44’910, berichten die Autoren nun im renommierten «British Medical Journal» (BMJ). Das Screening habe die Brustkrebs-Sterblichkeit bei Frauen im Alter von 40 bis 59 Jahren nicht reduziert, ist der Schluss der Mediziner.
«Nutzen muss neu beurteilt werden»
Mit der Mammografie wurden indes deutlich mehr kleine Geschwulste entdeckt, die keinen Einfluss auf die Sterblichkeit hatten. Nach 15 Jahren habe diese Überdiagnose 22 Prozent betragen. Eine von 424 Frauen sei folglich überbehandelt worden, schreiben die Autoren. Die «Berner Zeitung» berichtete am Donnerstag über die neuen Resultate.
Frühere Studien hatten eine Reduktion der Sterblichkeit mit Brustkrebs-Screenings gezeigt. Neuere Untersuchungen legten jedoch nahe, dass diese Abnahme eher eine Folge der verbesserten Behandlung von Brustkrebs mit neuen Medikamenten sei als der Screenings, schreiben die Autoren eines Editorials im BMJ.
Die Autoren der neuen Studie betonen der Wert von Aufklärung, früher Diagnose und guter klinischer Versorgung der Frauen, damit Tumore im frühen Stadium entdeckt werden. Sie zweifeln aber am Wert von flächendeckenden, jährlichen Screenings. «Unsere Resultate legen nahe, dass der Nutzen von Mammografie-Screeningprogrammen neu beurteilt werden muss», schreiben Miller und Kollegen.
Studie stützt Urteil von Schweizer Gremium
Die neue Studie stützt einen kontrovers diskutierten Bericht des Swiss Medical Boards von Anfang Februar. Aufgrund einer Neuanalyse bestehender Daten riet das Gremium von systematischen Screenings ab. Die unerwünschten Nebenwirkungen durch Überbehandlung würden den Nutzen überwiegen. Das Swiss Medical Board beurteilt umstrittene Therapien.
Es wird von der Gesundheitsdirektorenkonferenz, der Ärzteverbindung FMH und der Akademie der Medizinischen Wissenschaften getragen. Der Bericht enthalte keine «neuen Fakten», hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Bericht des Medical Boards kommentiert.
Es halte deshalb im Einklang mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und zahlreichen europäischen Ländern an seinen Screening-Empfehlungen fest. Bisher gibt es in der Schweiz nur in einigen Kantonen Mammographie-Screeningprogramme. Ihre landesweite Einführung ist aber ein Ziel der nationalen Krebsstrategie 2014-2017.