Die EU-Staats- und Regierungschefs haben grünes Licht für den milliardenschweren Investitionsplan von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gegeben. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen solle «dringend» eingerichtet werden, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstagabend am EU-Gipfel in Brüssel.
Der Fonds soll im Kampf gegen die Wirtschaftsflaute und Massenarbeitslosigkeit in den kommenden Jahren Investitionen von mindestens 315 Milliarden Euro ermöglichen. Ausgestattet wird er zunächst mit 21 Milliarden Euro von der EU und der Europäischen Investitionsbank (EIB).
Private Investoren sollen dann durch ihre Beteiligung dafür sorgen, dass die Summe um das 15-Fache höher liegt. Im Januar soll die EU-Kommission konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung des Fonds vorlegen, der dann Mitte 2015 startbereit sein soll.
Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, begrüsste den Beschluss. «Das könnte dazu beitragen, Vertrauen in die Eurozone zu stärken – das ist nötig», sagte er.
Bis vor kurzem war zudem noch unklar, wie die Zahlungen in den Juncker-Fonds in Bezug auf den EU-Stabilitätspakt bewertet würden. Denn dieser legt Obergrenzen für Defizit und Staatsverschuldung fest.
Nun gab der für Wirtschaftsfragen zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen, Entwarnung. Tauchten wegen Zahlungen in den Fonds Fehlbeträge in den Statistiken auf, werde dies «kein Verfahren wegen eines überhöhten Defizits auslösen», sagte er.
Härte gegenüber Moskau
Weiteres Thema des Gipfels war die dramatische Wirtschaftskrise und der Rubel-Verfall in Russland. Der Druck der Sanktionen könne nur sinken, wenn Moskau zur einer Entspannung in der benachbarten Ukraine bereit sei, hiess es.
«Präsident Putin und die russische Führung sollten ernsthaft über eine radikale Änderung in ihrer Einstellung gegenüber dem Rest der Welt nachdenken und zur Kooperation wechseln», forderte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini in ungewöhnlich deutlichen Worten.
Unmittelbar vor dem Gipfel verboten die 28 Mitgliedsstaaten Kreuzfahrtschiffen aus der EU das Anlaufen von Häfen der Krim. Die Union reagiert auch mit Export- und Investitionsverboten auf die Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel durch Russland.
Die «Chefs» debattierten auch über die von einer Pleite bedrohte Ukraine. Es gab unter den Mitgliedsstaaten aber zunächst wenig Bereitschaft, Kiew über die bereits zugesagten Milliardenhilfen hinaus verstärkt unter die Arme zu greifen. Juncker hatte den zusätzlichen Finanzbedarf auf zwei Milliarden Euro beziffert.
Gemeinsame Strategie bei «Tax Rulings»
Der Gipfel beriet auch über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Steuervermeidung von Konzernen. Der luxemburgische Premier Xavier Bettel sagte, die EU-Kommission werde bis Juni 2015 einen Gesetzesvorschlag über den automatischen Informationsaustausch für Steuerabsprachen mit Konzernen, sogenannte «Tax Rulings», vorlegen.
Luxemburg war wegen solcher Steuerpraktiken – bekannt unter dem Stichwort «Lux-Leaks» – in die Kritik geraten. «Es ist wichtig, dass die 28 (Staaten) die Daten an die Kommission liefern», sagte der Liberale Bettel.
Ausserdem kündigte der Luxemburger an, vollständig mit der EU-Kommission zu kooperieren. Bisher hatten die Luxemburger Behörden der EU-Kommission nur einen Teil der geforderten Daten zu Steuerabsprachen mit Konzernen geliefert. Die EU-Behörde leitete daher rechtliche Schritte ein.
Der EU-Gipfel in Brüssel wurde einen Tag früher beendet als vorgesehen. Wie EU-Ratspräsident Tusk am Donnerstagabend mitteilte, sollte das Treffen nach dem Abendessen und den dabei geführten Beratungen zur Ukraine-Krise enden. Es war Tusks erster Gipfel in seiner neuen Funktion als EU-Ratspräsident.