Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) räumt nach der Niederlage an der Urne ein, dass der Milizgedanke bei der Bevölkerung offenbar tiefer verankert ist als angenommen. Trotzdem sind auch bei den Initiativgegnern Reformen der Landesverteidigung kein Tabu.
Die Überlegungen zur Modernisierung der Wehrpflicht werde auch nach dem wuchtigen Nein weitergehen, sind sich selbst die Initiativgegner sicher. «Wir müssen uns fragen, ob der Militärdienst auch für Frauen oder Ausländer zugänglich gemacht werden soll», sagte Denis Froidevaux, Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft.
Die Reflexion darüber habe bereits begonnen, die GSoA habe mit ihrer Initiative dafür gesorgt, «dass wir zwei Jahre verloren haben», bedauerte Froidevaux. Das deutliche Resultat an der Urne habe die Armee nun aber gefestigt. «Das Volk steht zur Miliz und zur Wehrpflicht.»
Die Frage, die sich nun stelle, sei, ob die Sicherheitsdienste in andere Domänen ausgeweitet werden sollen. «Beispielsweise im Gesundheitswesen, beim Umweltschutz oder bei anderen Sicherheitsdiensten wie der Feuerwehr», sagte Froidevaux.
Die FDP befürwortet solche Überlegungen einer «Miliz plus», wie der Genfer Nationalrat Hugues Hiltpold sagte. Zu früh kommen solche Überlegungen für den Präsident der armeefreundlichen Gruppe Giardino.
GSoA «nicht der beste Botschafter»
Auch laut dem Waadtländer Nationalrat Christian van Singer (Grüne) wird sich die Armee weiterentwickeln müssen – zwangsläufig. «Heute weigern sich die Hälfte der Wehrpflichtigen, Militärdienst zu leisten», sagte er. Die Veränderungen seien schon heute in Gang.
Im Abstimmungskampf sei es indes nur um ein Ja oder Nein zur Armee gegangen, nicht aber um Reformen bei der Landesverteidigung, wie es die Vorlage gewollt habe. «Die GSoA ist nicht der beste Botschafter für solche Veränderungen, weil sie zu fest polarisiert», sagte van Singer.
An Argumenten habe es nicht gefehlt, konterte GSoA-Sprecher Nikolai Prawdzic. Die Gefühle seien aber stärker gewesen als die Fakten. «Es gehört anscheinend zum Selbstverständnis der Schweiz, dass die Wehrpflicht bestehen bleibt. Wir konnten die Leute nicht vom Gegenteil bewegen.»
Niederlage als Chance
Ein Problem sei gewesen, dass auch linke Kräfte nicht vom Anliegen überzeugt werden konnten. «Viele haben Angst vor dem Wegfall der demokratischen Kontrolle über die Armee», sagte Prawdzic. Diese müsse im Hinblick auf künftige Anliegen berücksichtigt werden.
Die bürgerlichen Befürworter der GSoA-Initiative sehen die enttäuschend ausgefallene Abstimmung auch als Chance. «Junge Generationen denken anders über Fragen zur Wehrpflicht und der Armee. Daran können wir anknüpfen», erklärte Silvan Amberg, Präsident des Komitees «Bürgerliche gegen Wehrpflicht».
JUSO-Präsident David Roth sah den Zivildienst sogar als Gewinner des Abstimmungsergebnisses: «Wir erwarten, dass man den Zivildienst einfach zugänglich macht und die Leute auch nicht mehr diskriminiert werden». Es dürfe nicht mehr sein, dass «Zivis» mit einer längeren Dienstpflicht bestraft würden.
«Ohrfeige für die Linken»
CVP-Präsident Christophe Darbellay wertete das deutliche Nein zur Initiative als «Ohrfeige für die Linken». «Es bleibt zu hoffen, dass dieser Schlag die GSoA für die nächsten zwanzig Jahre ruhigstellt», sagte er.
Trotzdem ist auch Darbellay der Ansicht, dass die Armee in ihren Grundfesten reformiert werden müsse. «Viele Reformen sind bereits in Gang oder werden kommen.» Die Armee müsse an die aktuellen Risiken angepasst werden.
Für die SVP bedeutet der Abstimmungssieg ein «Ja zur Sicherheit». Eine leistungsfähige Milizarmee sei auch in Zukunft der Garant für eine funktionierende Landesverteidigung und für die Erfüllung der weiteren Aufgaben unserer Armee.
Dazu brauche die Armee aber auch die notwendigen Mittel. Die SVP verlangt deshalb vom Bundesrat, «dass er der Armee mindestens die vom Parlament beschlossenen finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stellt, um ihren Auftrag zu erfüllen».