Günter Wallraff nimmt Paketlieferdienste ins Visier

Enthüllungsjournalist Günter Wallraff hat nach seiner Reportage über den Paketdienst GLS weitere Recherchen in der Branche angekündigt. Er werde auch die Arbeitsbedingungen beim Konkurrenten Hermes unter die Lupe nehmen, sagte der 69-Jährige am Mittwochabend in „Stern TV“.

Sorgt mit seinen Reortagen immer wieder für Furore: Günter Wallraff (Archiv) (Bild: sda)

Enthüllungsjournalist Günter Wallraff hat nach seiner Reportage über den Paketdienst GLS weitere Recherchen in der Branche angekündigt. Er werde auch die Arbeitsbedingungen beim Konkurrenten Hermes unter die Lupe nehmen, sagte der 69-Jährige am Mittwochabend in „Stern TV“.

Für seine aktuelle Reportage recherchierte der Journalist nach eigenen Angaben mit Unterbrechungen ein halbes Jahr in der Branche. Dabei filmte er seine Erlebnisse mit versteckter Kamera.

Bei „Stern TV“ traf Wallraff auf Thomas Voigt, den Sprecher der Otto-Group, zu der auch Hermes gehört. Voigt räumte Missstände in der Branche ein. „Es braucht dringend eine Veränderung“, sagte er.

Gleichzeitig kündigte Voigt Verbesserungen für die Paketfahrer an: „Wir sind bei Hermes grundlegend dabei, das ganze System umzubauen.“ Zudem werde das Unternehmen die Bezahlung pro Paket abschaffen und einen Stundenlohn einführen.

„Zerstörung an Leib und Seele“

Wallraff übt in der Reportage, die am (heutigen) Donnerstag auch im „Zeit Magazin“ erschienen ist, scharfe Kritik an den Löhnen und Arbeitsbedingungen der GSL-Paketboten. „Was mir die Kollegen in dieser Zeit berichtet haben, welche Zerstörung an Leib und Seele diese Arbeit für sie gebracht hat – ich hatte geglaubt, so etwas gäbe es seit dem Frühkapitalismus nicht mehr“, schreibt Wallraff.

„Die Arbeit zehrt an der Gesundheit, auch bei den vorwiegend jungen Fahrern. Sie altern in einem rasanten Tempo.“ Höchstgewichte für Standardpakete würden nicht eingehalten, die Fahrer müssten diese dennoch tragen. Ein Arbeitstag von 12 bis 14 Stunden sei die Regel.

Den Paketboten bleibe oft ein Stundenlohn von fünf Euro oder sogar weniger. Ruhepausen würden nicht eingehalten. Aufgrund von Übermüdung gefährdeten die Fahrer auch andere Verkehrsteilnehmer, kritisiert Wallraff.

Vorwürfe bestritten

Der Zusteller GLS weist die Vorwürfe zurück. Für die Schweizerische Post, die mit GLS zusammenarbeitet, treffen die Vorwürfe nicht zu: Hiesige GLS-Angestellte arbeiten zu denselben Bedingungen wie „normale“ Pöstler.

Swiss Post GLS ist eine von der Post gegründete Tochtergesellschaft, die das europaweit grösste Verteilernetz von GLS nutzt, wie Mediensprecher Oliver Flüeler am Donnerstag der sda sagte.

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