Gregor Gysi bleibt für weitere zwei Jahre alleiniger Chef der deutschen Linksfraktion. Der 65-Jährige wurde am Mittwoch auf der Fraktionsklausur im brandenburgischen Bersteland mit 80,6 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
Das Ergebnis lag knapp unter dem der letzten Wahl im Jahr 2011. Damals hatte Gysi noch 81,3 Prozent erhalten, 2009 sogar 94,7 Prozent. Gysi hatte sich zuvor dagegen gewehrt, eine gemeinsame Doppelspitze mit der Parteilinken Sahra Wagenknecht zu bilden. Wagenknecht soll nun seine «erste Stellvertreterin» werden.
Gysi hatte vor der Wahl durchblicken lassen, dass er für eine Doppelspitze nicht zur Verfügung steht. Bei den Parteilinken löste er damit massive Verärgerung aus. Von «Ultimatum», «Erpressung» und «Nötigung» war die Rede.
Hinter dem Führungskonflikt steht ein Richtungsstreit in Fraktion und Partei. Die westdeutschen Linke-Fundamentalisten unterstützen Wagenknecht, während Gysi vor allem die ostdeutschen Reformer auf seiner Seite hat. Gysi verhinderte bereits zum zweiten Mal, dass Wagenknecht an seine Seite in die Fraktionsspitze aufrückt. Schon 2011 stemmte er sich erfolgreich dagegen.
Kompromiss mit acht Stellvertretern
Die beiden Flügel in der 64 Abgeordnete umfassenden Fraktion verständigten sich in Bersteland auf einen Kompromiss, der neben Wagenknecht sieben weitere Stellvertreter vorsieht. Sechs davon sind die Leiter der einzelnen Fachbereiche.
Zusätzlich sollte der frühere Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch einen herausgehobenen Stellvertreterposten bekommen. Insgesamt sah der Kompromiss also acht Vize-Fraktionschefs vor. Als Vizepräsidentin des Bundestags nominierte die Linksfraktion erneut Petra Pau.
Oppositionsführer bei grosser Koalition
Gysi würde bei einer grossen Koalition Oppositionsführer, weil die Linke bei der Bundestagswahl im September trotz Verlusten erstmals drittstärkste Kraft wurde. Das würde beispielsweise bedeuten, dass der Linksfraktionschef künftig auf Regierungserklärungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) antworten würde.
Die Linksfraktion machte SPD und Grünen bei der Klausurtagung erneut ein Kooperationsangebot für die Zeit vor der Regierungsbildung. Sie will dazu möglichst schnell nach der Konstituierung des Bundestags am 22. Oktober fünf Anträge in den Bundestag einbringen. Dabei geht es unter anderem um die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, die Abschaffung des Betreuungsgelds und die vollständige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe.