Vier Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti hat der Karibikstaat am Sonntag der Opfer der Naturkatastrophe gedacht. Seit dem Vormittag zogen unzählige Menschen zumeist in weissen Gewändern in die Kirchen des Landes.
Bei dem Beben der Stärke 7,0 am 12. Januar 2010 waren in Haiti 250’000 Menschen getötet worden, 1,3 Millionen Menschen wurden obdachlos. Die Regierung hatte für Sonntag einen «Tag des Erinnerns und des Gedenkens» ausgerufen. Es wurde angeordnet, die Flaggen auf Halbmast zu setzen, Diskotheken mussten geschlossen bleiben.
Martelly legte am Morgen an einem Massengrab, in dem Erdbebenopfer beerdigt wurden, Blumen nieder. In der Hauptstadt Port-au-Prince wurden weisse Ballons in den Himmel losgelassen. Am Nachmittag nahm Martelly an einem ökumenischen Gottesdienst teil.
Zum genauen Zeitpunkt des Bebens um 16.53 Uhr (22.53 Uhr MEZ) wurde eine Schweigeminute eingelegt. Martelly erinnerte in einer Rede an die Tragödie. «35 Sekunden… Das ist die Zeitspanne, die es am 12. Januar 2010 dauerte, um Dunkelheit über Haiti zu verbreiten», sagte der Staatschef.
Der Präsident, der ein weisses Hemd trug, rief seine zehn Millionen Landsleute auf, sich für den Wiederaufbau zu vereinen. «Heute haben wir uns entschlossen, das Leben zu feiern. Das ist meine Parole, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen», sagte Martelly. Die Haitianer würden mit ihren eigenen Mitteln den Wiederaufbau voranbringen. «Haiti ist wie das Schilf – es biegt sich, aber es bricht nicht.»
Der Präsident steht in der Kritik, weil der Wiederaufbau nur schleppend vorangeht. Etwa 200’000 Haitianer hausen noch immer in Behelfsunterkünften. Betroffene berichten über zunehmend prekäre Zustände seit dem Abzug der Hilfsorganisationen. Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre.