Eine 68 Jahre alte türkische Frau muss wegen versuchter Anstiftung zum Ehrenmord an ihrer Schwiegertochter definitiv für sieben Jahre ins Gefängnis. Das Bundesgericht hat ein Urteil des Berner Obergerichts bestätigt.
Die verhasste Schwiegertochter hatte mit ihrem Ehemann ab 2001 in Bern direkt neben den Schwiegereltern gelebt. Ihr Gatte war psychisch krank und konsumierte Drogen. Als er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde, verliess sie den Mann. 2008 starb dieser an einer Medikamenten-Überdosis.
Briefe an Nachbarn und Gemeindepräsident
Bereits ein Jahr zuvor hatte die Schwiegermutter die Frau ihres Sohnes bei deren Familie in Anatolien der Prostitution bezichtigt. Den Vater und die Brüder der Schwiegertochter forderte sie dabei auf, «ihre Ehre zu reinigen». Briefe ähnlichen Inhalts erhielten auch die Nachbarn der Familie sowie der dortige Gemeindepräsident.
Das Berner Obergericht sprach die Frau im Januar 2012 der versuchten Anstiftung zu Mord schuldig und verurteilte sie zu sieben Jahren Freiheitsstrafe. Die erstinstanzlich ausgesprochene Sanktion von dreieinhalb Jahren wurde dabei deutlich verschärft.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Frau nun abgewiesen und das Verdikt des Obergerichts bestätigt. Die Betroffene hatte zunächst erfolglos argumentiert, ihre Aufforderung, die «Ehre zu reinigen», könne nicht als Aufruf zu einem Mord verstanden werden.
Lähmende Drohung
Laut den Richtern in Lausanne steht jedoch fest, dass damit die Tötung der Schwiegertochter gemeint war. Deren Vater habe denn auch unmissverständlich klargestellt, dass seine Tochter umbracht werde, falls sich die Verdächtigungen als wahr erweisen sollten.
Weiter sei das Obergericht beim angestifteten Verbrechen zu Recht von Mord ausgegangen. Es liege nahe, die Tötung einer Frau oder Tochter zwecks «Reinigung» der Ehre grundsätzlich so zu qualifizieren. Motiv und Zweck der Tat seien besonders verwerflich.
Neben den tödlichen Konsequenzen im Einzelfall übe das Instrument des Ehrenmordes auch eine lähmende tödliche Drohung aus und terrorisiere unausgesprochen die dieser Herrschaft meist schutzlos unterworfenen Frauen.
Hasserfüllt und uneinsichtig
Laut Gericht hat die Verurteilte ihr Ziel zudem auf heimtückische und perfide Weise verfolgt. Nach erfolglosen Telefonaten habe sie mit ihren Briefen an die Nachbarn und den Gemeindepräsidenten den Druck auf die Familie der Schwiegertochter erhöht. Sie habe gewusst, dass damit die Familienehre massiv in Frage gestellt worden sei.
Nicht zu beanstanden ist laut Bundesgericht schliesslich die Höhe der ausgesprochenen Strafe. Die seit vierzig Jahren in der Schweiz lebende Frau habe sich bis zuletzt äusserst hasserfüllt und völlig uneinsichtig gezeigt.
Sie sei nicht berufstätig und habe auch keine familiären Pflichten. Insgesamt würden keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine Strafminderung wegen besonderer Strafempfindlichkeit rechtfertigen würde.