In London stehen zwei frühere Galionsfiguren aus dem Murdoch-Imperium wegen der Abhöraffäre vor Gericht. Rebekah Brooks war einst die Statthalterin von Medienzar Rupert Murdoch. Andy Coulson steht für die Verstrickungen in die Politik.
Am höchsten britischen Strafgericht Old Bailey in London begann am Montag der Prozess um die Hauptakteure der Murdoch-Abhöraffäre. Dabei geht es um das Anzapfen von virtuellen Anrufbeantwortern sowie um Bestechung von Polizisten.
Vor Gericht verantworten müssen sich unter anderem der frühere Regierungssprecher von Premierminister David Cameron, Andy Coulson, sowie Camerons einstige Vertraute und Chefin der Murdoch- Verlagsgesellschaft News International, Rebekah Brooks. Zudem sind sechs weitere Ex-Journalisten und Menschen aus dem Umfeld der beiden angeklagt.
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, Beamte bestochen und die Voice-Mailboxen von mehr als 600 Handynutzern abgehört zu haben, unter ihnen ein ermordetes Schulmädchen sowie Angehörige getöteter Soldaten. Auch Prominente wie der frühere Beatles-Sänger Paul McCartney, der Schauspieler Jude Law und Mitglieder der Königsfamilie fielen den Spähaktionen zum Opfer.
Coulson und Brooks waren früher Chefredaktoren der vor zwei Jahren im Zuge der Affäre eingestellten Boulevard-Sonntagszeitung «News of the World» aus dem Verlagsimperium von Rupert Murdoch. Brooks stieg später zur Verlagschefin auf, Coulson wurde Regierungssprecher.
Sie sollen am Abhören der Handy-Anrufbeantworter beteiligt gewesen sein. Ausserdem sollen sie von der Bestechung von Polizeibeamten gewusst haben. Beide sollen zudem versucht haben, Beweise zu vernichten. Coulson und Brooks bestreiten jede Schuld.
Grosse Wellen, kleine Folgen
Die Affäre hatte weitreichende politische und gesellschaftliche Fragen in Grossbritannien aufgeworfen. Premier Cameron geriet wegen enger persönlicher Kontakte zu Coulson und Brooks ins Kreuzfeuer.
Der inzwischen 82 Jahre alte Rupert Murdoch musste zwei Mal vor Ausschüssen aussagen. Seinem Firmenimperium News Corporation entgingen Millionen.
Trotz einer monatelangen öffentlichen Untersuchung unter Vorsitz des ehemaligen Richters Brian Leveson konnten sich Politik und Medienbranche bisher nicht auf ein neues Presserecht einigen.
Vor langem Prozess
Zum Prozessauftakt am Montag traf die 45-jährige Brooks unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen am Strafgericht ein. Sie wirkte gelassen und lächelte. Begleitet wurde sie von ihren Anwälten sowie ihrem Ehemann, dem ebenfalls angeklagten Rennpferdetrainer Charlie Brooks.
Auch Brooks‘ Assistentin Cheryl Carter und der ehemalige Sicherheitschef der Mediengruppe News International, Mark Hanna, müssen sich in der Affäre vor Gericht verantworten. Bei den weiteren Angeklagten handelt es sich um den früheren Palastkorrespondenten von «News of the World», Clive Goodman, Ex-Nachrichtenchef Ian Edmondson sowie Redaktionsleiter Stuart Kuttner.
Zum Prozessbeginn wurde zunächst eine Liste mit möglichen Geschworenen erstellt. Am Dienstag sollen die tatsächlichen Jurymitglieder, die Geschworenen, ausgewählt werden.
Die Beweisaufnahme wird erst in einigen Tagen beginnen. Der Prozess war zunächst auf vier Monate angesetzt worden, er könnte wegen seiner Komplexität aber ein halbes Jahr dauern.