Die Hausdurchsuchungen beim Westschweizer Journalisten Ludovic Rocchi waren laut dem Neuenburger Zwangsmassnahmengericht illegal. Sie gründeten auf legaler Basis, respektierten aber nicht den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Pressefreiheit hätte vorgehen müssen.
Das Zwangsmassnahmengericht lehnte auch den Antrag der Neuenburger Staatsanwaltschaft ab, die bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Unterlagen des Journalisten zu entsiegeln. Die Dokumente müssen dem Mitarbeiter der Westschweizer Tageszeitung «Le Matin» folglich zurückgegeben werden, teilte das Gericht am Freitag mit.
Die Hausdurchsuchungen bei Rocchi erfolgten im August 2013 im Zusammenhang mit der Klage eines Professors der Universität Neuenburg. Der Professor warf dem Journalisten üble Nachrede, Verleumdung und Verletzung des Amtsgeheimnisses vor.
Rocchi hatte im «Le Matin» Plagiatsvorwürfe an den Professor aufgedeckt. Eine von der Regierung angeordnete Administrativuntersuchung bestätigte später Teilplagiate durch Versäumnis sowie Verletzungen der Zitierregeln.
Gang vors Bundesgericht
Die Staatsanwaltschaft, die die Hausdurchsuchungen in Rocchis Wohnung sowie in einem von ihm gebuchten Hotelzimmer in Locarno angeordnet hatte, ging bis vor Bundesgericht. Sie rekurrierte gegen einen Entscheid des Neuenburger Kantonsgerichts, die die Hausdurchsuchungen für illegal erklärt hatte.
Das Bundesgericht hob den Entscheid Ende März allerdings auf. Es schickte das Dossier zur Neubeurteilung ans Zwangsmassnahmengericht zurück.
Dieses hat nun gemäss Mitteilung vom Freitag ebenfalls entschieden, dass die Hausdurchsuchungen illegal waren. Die Pressefreiheit hätte gegenüber dem Untersuchungsbedürfnis Vorrang haben müssen, begründet das Gericht den Entscheid. Unter Vorbehalt eines Rekurses ans Bundesgericht muss die Staatsanwaltschaft die beschlagnahmten Dokumente dem Journalisten zurückgeben, ohne sie entsiegeln und auswerten zu dürfen.
In den Medien hatte die Affäre Rocchi Empörung ausgelöst – der Vorfall wurde als Bedrohung der Pressefreiheit gesehen. Für die Neuenburger Staatsanwaltschaft indes stand diesen Vorwürfen ein anderes Anliegen gegenüber: die Garantie für Behörden, ohne Druck von aussen ihre Entscheide fällen zu können.