Nur Stunden nach dem Ende einer von Syrien und Russland ausgerufenen Waffenruhe sind die Kämpfe in Aleppo erneut aufgeflammt. Kampfjets jagten über die Stadt, Mörsergranaten fielen in den Strassen. Ein UNO-Bericht wirft dem Regime den Einsatz von Giftgas vor.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete bereits kurz nach dem Auslaufen der Feuerpause von Luftangriffen und schwerem Artilleriebeschuss. Regimetruppen hätten eine neue Offensive auf den von Rebellen kontrollierten Ostteil der Stadt gestartet, teilten die Beobachter mit. Oppositionskämpfer hätten den von der Regierung kontrollierten Westen der Stadt unter schweren Beschuss genommen.
Die Waffenruhe dauerte von Donnerstag bis Samstagabend (18.00 Uhr MESZ). Die Gewalt ging in dieser Zeit nach Aussagen von Beobachtern auch zurück.
Keine Evakuierungen möglich
Dennoch gelang es internationalen Hilfsorganisationen nicht, wie geplant Verletzte und Kranke aus dem belagerten Ostteil Aleppos herauszubringen. Die Sicherheitslage habe dies nicht zugelassen, sagte eine Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Schon während der Waffenruhe habe es immer wieder vereinzelt Gefechte gegeben. Nur acht verletzte Kämpfer und sieben Zivilisten verliessen den Ostteil der Stadt.
Schon vor dem Auslaufen der Kampfpause hatte die Beobachtungsstelle gewarnt, dass sich beide Kriegsparteien wieder für Kämpfe rüsteten. Die von Russland unterstützten syrischen Truppen und die Aufständischen hätten beide «ihre Kräfte gestärkt», erklärte die in Syrien breit vernetzte Organisation, deren Angaben von unabhängiger Seite schwer zu überprüfen sind. Daher sei nach dem Ende der Waffenruhe ein «massiver Militäreinsatz» zu befürchten.
Moskau ist der engste Verbündete der syrischen Führung von Präsident Baschar al-Assad. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verteidigte am Samstag die militärische Unterstützung für Damaskus. Er sagte dem Staatssender Rossija-1, es gebe nur zwei Möglichkeiten: Entweder Assad bleibe im Amt oder die Dschihadisten von Fateh al-Scham, der einstigen Al-Nusra-Front, kämen an die Macht. Russland wolle mit seiner Militärintervention dazu beitragen, das «syrische Territorium» von den Dschihadisten zu befreien und eine Teilung des Landes zu verhindern.
Unter Druck der UNO
Syrien und sein Verbündeter Russland geraten indes weiter unter Druck der Vereinten Nationen. Zunächst setzte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon eine Kommission ein, um den Angriff auf einen Hilfskonvoi zu untersuchen. Sie soll ihre Arbeit am Montag beginnen und klären, wer für den Luftschlag verantwortlich ist, bei dem Mitte September mehr als 20 Menschen starben.
Zudem werfen UNO-Ermittler Syriens Präsident Baschar al-Assad in einem Bericht einen erneuten Einsatz von Giftgas vor. Im März vergangenen Jahres sollen Helikopter der Regierung in der Provinz Idlib Fassbomben mit Chlorgas abgeworfen haben.
Der Bericht wurde dem UNO-Sicherheitsrat in New York vorgelegt und bestätige den dritten Einsatz von Chlorgas durch das Regime, sagte die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power. Dies belege den systematischen Einsatz von Giftgas als einen Verstoss gegen internationales Recht.