Die Schweizer Tennisfrauen brillieren in Gstaad. Der aktuelle Fedcup-Captain und TV-Kommentator Heinz Günthardt spricht mit der Nachrichtenagentur sda über die Erfolge der Schweizer Frauen.
Heinz Günthardt, Sie müssen sehr viel Freude an den Leistungen Ihrer Tennisspielerinnen haben.
«Enorm viel Freude sogar. Und zwar nicht nur in dieser Woche, sondern seit Monaten. Denn alle sind ständig daran, sich zu verbessern. Wenn man ihnen zuschaut, spürt man eine Energie, die ansteckend ist. Ich glaube, das ist ein Grund, warum sie als Gruppe Fortschritte machen. Sie pushen sich gegenseitig.»
Sind Sie trotzdem ein bisschen überrascht von den Erfolgen dieser Woche?
«Selbstverständlich. Einen Turniersieg von Viktorija Golubic durfte man natürlich nicht erwarten. Aber habe ich ihr so etwas zugetraut? Absolut! Denn sie spielt gut genug, um gegen alle bestehen zu können. Es ist sehr schwierig, gegen sie zu spielen, weil sie variabel und sehr gut zu Fuss ist.»
Was macht Golubic in den letzten zwei Jahren so viel besser als vorher?
«Das Umstellen von der Defensive in die Offensive. Ursprünglich war sie sehr gut in der Defensive, aber etwas zu harmlos in der Offensive. Das führte dazu, dass die Gegnerinnen in entscheidenden Phasen wussten, dass nichts passieren konnte. Mittlerweile kann sie aber beschleunigen, wenn ein kürzerer Ball kommt, und das macht es für die Gegnerinnen viel schwieriger.»
Wie weit kann sie noch nach vorne kommen?
«Ich weiss es nicht, das ist das Schöne an dieser Sportart. Eine Flavia Pennetta hat das US Open gewonnen, Marion Bartoli in Wimbledon oder Francesca Schiavone das French Open. Das war alles völlig unerwartet. Tennis ist eine Ballsportart, da gibt es einfach Wochen, da spürt man es besser als in anderen. So lange man sich genügend Chancen gibt, etwas Grosses zu gewinnen, ist es immer möglich. Von der Einstellung, den Beinen und den Schlägen her hat sie alles, um einmal einen grossen Titel zu gewinnen.»
Wie sehr hatten Sie Rebeka Masarova vor dem Turnier auf dem Radar?
«Mindestens seit drei Jahren. Jemand, der athletisch und genetisch so gut ist, hat einen riesigen Vorteil gegenüber den meisten anderen. Dazu kommt, dass sie nicht nur athletisch gut ist. Man hat auch das Gefühl, dass ihr Tennis Spass macht. Sie trainiert nicht nur sehr viel und seriös, sondern sie will es auch. Diese Kombination ist äusserst potent.»
Timea Bacsinszky hat trotz dem Ausscheiden im Halbfinal vor dem Heimpublikum viel besser gespielt als beim Fedcup in Luzern. Wie beurteilen Sie ihre Leistung?
«Sie hat sehr gut gespielt. Meiner Ansicht nach hat sie in den letzten Monaten ein paar Partien gehabt, in denen sie zu abwartend war. Hier hat sie versucht, aggressiv zu spielen. Das verspricht einiges für die nächsten Wochen, nicht zuletzt für die Olympischen Spiele in Rio.»