Einen Tag nach einem Mordanschlag auf die Kölner Sozialdezernentin Henriette Reker ist die parteilose Politikerin zur neuen Oberbürgermeisterin von Köln gewählt worden. Die 58-Jährige setzte sich am Sonntag im ersten Wahlgang gegen sechs weitere Bewerber durch.
Reker erreichte mit 52,7 Prozent die absolute Mehrheit; sie ist die erste Frau auf dem Chefsessel im Rathaus der viertgrössten Stadt Deutschlands. Wann sie ihr Amt antreten kann, ist unklar.
Insgesamt waren mehr als 800’000 Menschen in Köln aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Die Wahlbeteiligung lag bei 40,3 Prozent.
Wie in anderen Kommunen sollte auch in Köln eigentlich schon Mitte September gewählt werden. Die Bezirksregierung hatte aber die Stimmzettel beanstandet, das Votum wurde verschoben.
Am Samstag war Henriette Reker bei einer Wahlkampfveranstaltung von einem 44-Jährigen mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt worden. Ein Richter erliess inzwischen Haftbefehl wegen versuchten Mordes gegen den mutmasslichen Täter, der laut Polizei fremdenfeindliche Motive nannte.
Ein psychologisches Gutachten ergab, dass der mutmassliche Angreifer bei seinem Anschlag auf einem Wochenmarkt voll schuldfähig war. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Nach Äusserungen am Tatort hatte es daran zunächst Zweifel gegeben. Er habe ausgesagt, in den 1990er Jahren in der rechten Szene aktiv gewesen zu sein, Details habe er aber nicht genannt, teilten die Ermittler weiter mit.
Täter soll bei Neonazi-Gruppe mitgemacht haben
Nach einem unbestätigten Bericht von «Spiegel Online» soll der Angreifer in den 1990er Jahren bei einer später verbotenen Neonazi-Gruppe, der Freiheitlichen Deutschen Arbeitspartei (FAP), mitgemacht haben. Zuletzt sei der Mann mit ausländerfeindlichen Kommentaren im Internet aufgefallen.
Reker ist in Köln auch für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Bei der Wahl wurde sie unterstützt von CDU, FDP und den Grünen.
Die behandelnden Ärzte teilten am Sonntagabend mit, dass sich Rekers Gesundheitszustand positiv entwickle. Die Politikerin müsse jedoch weiterhin in stationärer Behandlung im Spital bleiben, sagte ein Kliniksprecher. «Der Heilungsverlauf nimmt bei einer Verletzung dieser Art üblicherweise eine gewisse Zeit in Anspruch.»