«Herr Morin, ich will mit diesen Widersprüchen nicht umgehen»

Mirjam Kohler, Vorstandsmitglied der Basler Juso, protestiert gegen den gemeinsamen Auftritt von Basel-Stadt und Syngenta an der Weltausstellung in Milano. Ein offener Brief. Guy Morin sagt im Interview mit der TagesWoche vom 2. Dezember, ich sei als Baslerin Teil einer kritischen Bevölkerung und könne mit der Kritik am geplanten Auftritt von Basel gemeinsam mit der […]

Die Kooperation von Basel und Syngenta an der Mailänder Weltausstellung 2015 stösst in rot-grünen Kreisen auf Kritik (Bild: Modell des Schweizer Pavillons).

Mirjam Kohler, Vorstandsmitglied der Basler Juso, protestiert gegen den gemeinsamen Auftritt von Basel-Stadt und Syngenta an der Weltausstellung in Milano. Ein offener Brief.

Guy Morin sagt im Interview mit der TagesWoche vom 2. Dezember, ich sei als Baslerin Teil einer kritischen Bevölkerung und könne mit der Kritik am geplanten Auftritt von Basel gemeinsam mit der Syngenta als Hauptpartner an der Expo 2015 in Mailand sowie den damit verbundenen Widersprüchlichkeiten umgehen.


Herr Morin, ganz ehrlich: Ich bin zwar kritisch, da haben Sie Recht. Aber warum soll ich mit diesen Widersprüchen umgehen können oder wollen?

«Als Baslerin sollte ich es gewohnt sein, dass die Interessen von internationalen Konzernen mehr Gewicht erhalten als jene der Bevölkerung.»

Schliesslich könnte die Situation völlig anders aussehen. Anstatt sich von einem internationalen Konzern als Werbeplattform kaufen zu lassen und sich so faktisch jeden Anspruch auf einen «kritischen Dialog», der ja laut Regierung geführt werden soll, abzusprechen, hätte man auf Grosssponsoren verzichten und so einen neutralen und ehrlichen Auftritt an der Expo hinlegen können.

Gut, als Baslerin sollte ich es gewohnt sein, dass die Interessen von internationalen Konzernen mehr Gewicht erhalten als jene der Bevölkerung, das ist schon fast ein inoffizielles Credo bei uns. Müssen wir diesen Umstand als Aufforderung an jedes Regierungsmitglied sehen, sämtliche eigenen Prinzipien über Bord zu werfen?

Prinzipien, wie zum Beispiel eine eigene Meinung zu haben, im vorliegenden Fall diejenige eines Mitglieds der Grünen Partei, die ja durchaus einen idealistischen Anspruch vertritt. Dazu gehört eigentlich auch, dass man sich nicht hinter politischen Ämtern versteckt.


«Repräsentiert Syngenta wirklich das fortschrittliche Basel?»

Überhaupt sollten wir uns an dieser Stelle fragen, wessen Mandat Herr Morin eigentlich vertritt: das der Baslerinnen und Basler, von denen er gewählt wurde, oder jenes der internationalen Konzerne?
 Wenn aufgrund von Profitoptimierung allein in Basel 500 Stellen gestrichen werden und diese Tatsache von Herrn Morin pragmatisch betrachtet wird im Sinne von «Das ist halt in der Wirtschaft so», ist das blanker Hohn für die Mitarbeitenden von Syngenta, die jetzt um ihren Job bangen müssen.

Ich frage mich, ob Herr Morin wirklich glaubt, dass Basel mit Syngenta als Hauptsponsor einen guten Eindruck hinterlassen wird. Schliesslich steht Syngenta seit längerem in der öffentlichen Kritik, weil sie hochgiftige Pestizide entwickelt und verkauft. Pestizide, die nicht nur mit dem fast weltweiten massiven Rückgang der Bienenpopulation in Verbindung gemacht werden, sondern sich auch für den Menschen alles andere als gesund sind.
 Repräsentiert Syngenta wirklich das fortschrittliche Basel?

«Unser Trost ist immerhin, dass wir nicht die einzigen sind, die sich kaufen lassen.»

Die Expo 2015 in Mailand wird unter dem Motto «Den Planeten ernähren, Energie für das Leben» stattfinden. Als Ansprechpartner Nummer eins bei dieser Thematik könnte man natürlich auch Nestlé hinzuziehen. Schade eigentlich, dass uns da Lausanne schon zuvorgekommen ist und sich Nestlé als exklusive Werbeplattform anbietet.

Unser Trost ist immerhin, dass wir nicht die einzigen sind, die sich kaufen lassen. Gespannt dürfen wir auch sein, wer neben Syngenta noch Sponsor für Basel sein wird. Guy Morin hat uns ja Vertreter der biologischen Landwirtschaft in Aussicht gestellt.

Oder wie wäre es mit Greenpeace? Oder Via Campesina? 
Wäre das dann sogar zuviel des «kritischen Dialogs»?

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