Higgs-Teilchen ist gemäss „Science“ wichtigste Erkenntnis 2012

Die wahrscheinliche Entdeckung des „Higgs“-Teilchens am Cern hatte Physiker im Sommer jubeln lassen. Jetzt hat das Fachjournal „Science“ die Arbeit auf Platz 1 seiner Liste von zehn Top-Ereignissen 2012 gesetzt. Es folgen unter anderem der Marsrover und ein Roboterarm.

So könnte eine Teilchenkollision aussehen (Bild: CERN) (Bild: sda)

Die wahrscheinliche Entdeckung des „Higgs“-Teilchens am Cern hatte Physiker im Sommer jubeln lassen. Jetzt hat das Fachjournal „Science“ die Arbeit auf Platz 1 seiner Liste von zehn Top-Ereignissen 2012 gesetzt. Es folgen unter anderem der Marsrover und ein Roboterarm.

„Es ist noch nicht klar, wohin diese Entdeckung die Teilchenphysik in Zukunft führen wird, aber ihre hohe Bedeutung in diesem Jahr auf die Physik ist unstrittig“, begründeten die Herausgeber ihre Entscheidung, die Erkenntnisse über das Higgs-Teilchen zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2012 zu küren, in einer Mitteilung.

Das Higgs-Teilchen gilt als letzter unbekannter Baustein der Materie und soll erklären, warum sie überhaupt eine Masse hat. Forscher des Europäischen Teilchenforschungszentrum Cern in Genf hatten im Juli erklärt, das jahrzehntelang gesuchte Teilchen höchstwahrscheinlich gefunden zu haben.

Landung des Mars-Rovers

Hinter dem Higgs-Teilchen schafften es neun weitere Projekte auf die jährlich veröffentliche „Science“-Liste, darunter die Landung des bislang teuersten und technisch ausgefeiltesten Rovers „Curiosity“ (Neugier) auf dem Mars. Das Roboterfahrzeug der US-Raumfahrtbehörde Nasa sucht seit August auf dem Roten Planeten nach Spuren von Leben.

„Obwohl sie das Landesystem nicht unter den Bedingungen des Mars testen konnten, haben die Ingenieure den Rover sicher und präzise auf der Oberfläche des Mars platziert“, begründeten die „Science“-Herausgeber die Auswahl.

Gehirn-gesteuerter Roboterarm

Die Liste enthält mehrere Entdeckungen aus den Lebenswissenschaften, darunter eine, die in Zukunft das Leben von querschnittsgelähmten Menschen erleichtern könnte: Mithilfe einer bislang noch sehr experimentellen und teuren Technologie können Roboter-Arme mit dem Gehirn gesteuert werden.

Auch das „Denisova-Genom“ ist unter den Top-Entdeckungen. Mit einer neuen Technik konnten Wissenschaftler aus einem Knochenfragment eines kleinen Fingers das komplette Genom eines Denisova-Menschen entziffern, der vor rund 80’000 Jahren in Sibirien lebte. Auf gleiche Weise hoffen Wissenschaftler, dereinst die Rolle der Gene und Mutationen in gesunden und kranken Menschen zu entschlüsseln.

Vermeintlicher Erbgut-Müll ist Steuerapparat

Weiter hebt „Science“ das Ergebnis des sogenannten „Encode Projekts“ hervor: Nach jahrzehntelanger Forschung konnten Wissenschaftler beweisen, dass das Genom mehr Steuerelemente und weniger nutzlose Bereiche enthält als vermutet. Rund 80 Prozent des menschlichen Genoms sind demzufolge aktiv.

Japanische Forscher sicherten sich einen Platz auf der Liste, indem sie zeigten, dass embryonale Stammzellen von Mäusen in lebensfähige Eizellen verwandelt werden können.

Technische Durchbrüche

Als entscheidenden Fortschritt wertet das Fachmagazin auch Erkenntnisse mit einem Röntgenlaser, der sehr viel heller als konventionelle Laser ist. Damit konnten Forscher die Struktur eines Enzyms erkennen und so zeigen, dass Röntgenlaser Proteine entziffern können, was konventionelle Laser nicht können.

Auf der Liste ist weiter ein Team von Physikern und Chemikern in den Niederlanden: Es wies 2012 erstmals die Existenz zuvor postulierter „Majorana-Fermionen“ nach – Partikel, die ihre eigene Anti-Materie sind und sich selbst zerstören.

Zuletzt ehrt das Magazin noch neue Erkenntnisse aus China zu den sogenannten Neutrinos – elektrisch neutralen Elementarteilchen mit sehr kleiner Masse. Sie können sich diesen zufolge verändern, während sie sich fast mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen. Laut „Science“ könnte die Neutrinophysik dereinst erklären, warum das Universum so viel Materie und so wenig Antimaterie enthält.

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