Die Zürcher Hirsebreifahrer sind am Samstagnachmittag nach dreieinhalb Tagen grundsätzlich planmässig und zufrieden in Strassburg angekommen. Hochwasser und der Anschlag in Nizza führten aber zu Programmanpassungen.
Alle zehn Jahre macht sich eine Zürcher Delegation auf, um auf Limmat, Aare, Reuss, Rhein und Ill nach Strassburg zu gelangen. Die historische Hirsebreifahrt werde immer anstrengender und aufwändiger, sagt OK-Präsident Urs Höhn lachend.
Denn entlang der Route stünden von Austragung zu Austragung immer mehr Leute, welche sie erwarten würden. «Und es gibt jedes Mal mehr Empfänge.» Aber das sei eine gute, da gesellige Entwicklung, sagt Höhn, der 1976 zum ersten Mal dabei war und nun seine fünfte Hirsebreifahrt beendete.
Stadtmusik verzichtet auf Auftritte
Über die aktuelle Fahrt zieht Höhn gegenüber der Nachrichtenagentur sda grundsätzlich eine positive Bilanz. Die Fahrt mit den vier Booten sei ohne Zwischenfälle und weitgehend planmässig erfolgt. Doch das Programm hat gewisse Änderungen erfahren.
So musste die Etappe von Baden bis Rheinfelden wegen des vielen Wassers, das die Flüsse derzeit führen, auf dem Landweg im Car erfolgen. Wie OK-Mitglied René Schraner beim Empfang in Rheinfelden sagte, hat es das seit der Wiederaufnahme der historischen Fahrt im Jahr 1946 noch nie gegeben.
Und wegen des Anschlags in Nizza und der danach von Staatspräsident François Hollande angeordneten dreitägigen Staatstrauer sind auch die Auftritte der Stadtmusik Zürich abgesagt worden. Bis Sonntag hätten die Musiker in den Strassen von Strassburg dreimal in historischen Kostümen aufspielen sollen. Doch in Absprache mit den Verantwortlichen der Stadt werde nun darauf verzichtet, sagt Urs Höhn.
Der Brei als Beweis
Die Hirsebreifahrt geht auf das Mittelalter und ein Städtebündnis zurück: Die Strassburger bezweifelten, dass die Zürcher ihr Versprechen halten könnten, ihnen bei einer Bedrohungslage innert nützlicher Zeit beistehen zu können.
Da legten die Zürcher in den Jahren 1456 und 1576 die Strecke auf den Flüssen zurück – und führten als Beweis ihres raschen Eintreffens einen Topf heissen Hirsebrei mit. In Strassburg war der Brei noch so warm, dass «er einen an die lefzen gebrennt hat», wie es in einem Reisebericht heisst.
Die Fahrt soll damals lediglich 20 Stunden gedauert haben. Dass die Zürcher Delegation heute dreieinhalb Tage unterwegs ist, hat unter anderem mit den zahlreichen Empfängen – unter anderem in Baden, Basel und Kehl – zu tun. Andererseits gibt es heute auf der 250 Kilometer langen Strecke 29 Hindernisse in Form von Wehren, Kraftwerken und Schleusen, die es zu überwinden gilt.
Der Limmat-Club Zürich organisiert die Fahrt gemeinsam mit der Zunft zur Schiffleuten, der Gesellschaft der Bogenschützen Zürich, der Stadtzürcher Schützengesellschaft und der Stadtmusik. Rund 100 Teilnehmer in historischen Kostümen waren in den vergangenen Tagen dabei. Auf den zwei Langschiffen und den zwei Übersetzbooten fanden 84 Passagiere Platz – die übrigen wurden jeweils in einem Car zum nächsten Halt und Empfang transportiert.
Unter den Mitfahrenden befanden sich zeitweise auch fast alle Zürcher Stadträte. Polizeivorsteher Richard Wolff (AL) meinte gegenüber Medien, dass es faszinierend sei, «auf solch aufregende Weise die Verbindung zu anderen Städten zu pflegen». Und Schul- und Sportvorstand Gerold Lauber (CVP) sprach von einer einzigartigen Stimmung, die «von den Leuten am Ufer und auf den Brücken ausgeht».
Am Ziel in Strassburg verteilte die Zürcher Delegation am Samstagnachmittag rund 800 Portionen Hirsebrei. Sie waren wie im Mittelalter noch warm. Anders als damals wurde der Hirsebrei aber erst im deutschen Kehl – ganz kurz vor Strassburg – auf die Boote geladen.