Nach Jahrzehnten der offenen Feindschaft gehen die USA und Kuba aufeinander zu. US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Amtskollege Raúl Castro kündigten im Fernsehen zeitgleich erste Schritte zur Normalisierung der Beziehungen an.
Auf US-Seite gehört dazu eine Lockerung des Handelsembargos. Beide Staaten liessen Gefangene frei und wollen nach mehr als 50 Jahren diplomatische Beziehungen aufnehmen. Die US-Regierung plant nach eigenen Angaben «in den kommenden Monaten» die Eröffnung einer Botschaft in Havanna.
Obama und Castro klärten in einem historischen Telefonat am Dienstag die letzten Einzelheiten. Die knapp einstündige Unterhaltung sei der erste offizielle Gesprächskontakt zwischen einem US-Präsidenten und einem kubanischen Staatschef seit der kubanischen Revolution gewesen, sagte ein US-Regierungsvertreter.
Ein «neues Kapitel»
Die USA hatten den Karibikstaat nach der Machtübernahme Fidel Castros mit einem scharfen Wirtschafts- und Handelsembargo überzogen, unter anderem weil Kuba das Eigentum amerikanischer Unternehmen auf der Insel verstaatlichte und sich dem Kommunismus zu wandte.
Obama kündigte in der Fernsehansprache ein «neues Kapitel» in der schwierigen Geschichte der beiden Länder an.«Wir werden einen überkommenen Ansatz beenden, der über Jahrzehnte unsere Interessen nicht vorangebracht hat,» sagte Obama. In spanischer Sprache fügte der Präsident hinzu: «Wir sind alle Amerikaner.»
Castro dankte insbesondere Papst Franziskus für seine Vermittlung der Gespräche, ebenso wie der Regierung Kanadas. Dort hatten seit dem Sommer 2013 mehrere Treffen zwischen beiden Seiten stattgefunden. «Das heisst aber nicht, dass das Wichtigste gelöst ist», stellte Castro klar.
Ein «entscheidendes Problem» bleibt
Castro erinnerte daran, dass das 1962 verhängte Handelsembargo gegen Kuba noch immer Bestand habe. Das «entscheidende» Problem, wie das Embargo beseitigt werden solle, sei noch ungelöst.
Obama versprach, dass er gemeinsam mit dem US-Kongress über eine vollständige Aufhebung des 1962 verhängten Embargos gegen den kommunistisch regierten Inselstaat beraten wolle. Auch die Einstufung von Kuba als Unterstützerstaat von Terroristen solle überprüfen werden.
Nach US-Angaben sollen zuerst die Restriktionen bei Reisen und Geldtransfers von in den USA lebenden Exil-Kubanern in ihr Heimatland weiter gelockert werden. Ausserdem soll die Ausfuhr bestimmter Güter – wie Baustoffe und landwirtschaftliches Gerät – nach Kuba erlaubt werden. US-Bürger sollen bei Reisen nach Kuba künftig Güter im Wert von maximal 400 Dollar importieren dürfen.
Widerstand im Kongress
Die Massnahmen kommen einer Zeitenwende gleich. Allerdings stösst Obama damit an die Grenzen seiner Befugnisse. Für eine vollständige Umsetzung der geplanten Massnahmen müssten vom Kongress Gesetze geändert werden.
Und dort ertönt bereits scharfe Kritik. So reagierte Obamas Parteifreund, der demokratische Senator Robert Menendez, empört. Obama belohne «das brutale Vorgehen der kubanischen Regierung», erklärte der scheidende Vorsitzende des Aussenausschusses.
Sein republikanischer Kollege Marco Rubio kündigte an, alles zu unternehmen, um im Kongress eine Normalisierung der Beziehungen zu Kuba zu verhindern. Der führende Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, sprach von einem weiteren «hirnlosen Zugeständnis» Obamas an einen Diktator.
Austausch von Gefangenen
Ein Gefangenenaustausch machte den Weg für eine Neuausrichtung der Beziehungen endgültig frei. Kuba entliess den 65-jährigen US-Bürger Alan Gross aus der Gefangenschaft. Im Gegenzug erlaubte die US-Regierung drei kubanischen Geheimdienstagenten die Rückkehr in ihre Heimat.
Bei der Anbahnung der historischen Annäherung spielte offenbar auch Papst Franziskus eine zentrale Rolle. Dieser gratulierte den USA und Kuba zu der Übereinkunft. In einer ersten Reaktion lobte auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon die Schritte als «sehr positiv». Und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur nannte die Annäherung einen «historischer Moment».
Auch die Schweiz gratuliere beiden Seiten, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mit. Momentan verfüge das EDA nicht über genügende Informationen, um zu den möglichen Auswirkungen auf das Schutzmachtmandat der Schweiz Stellung zu beziehen, heisst es weiter.