Die Affäre um den deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff und dessen früheren Sprecher hat im niedersächsischen Landtag für Turbulenzen gesorgt. Nach einem Zwischenruf der Linkspartei wurde die Debatte um einen Missbilligungsantrag am Freitag in Hannover kurzzeitig unterbrochen.
Zu den tumultartigen Szenen im Landtag kam es, als der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring in der Debatte einräumte, dass Wulffs ehemaliger Sprecher Olaf Glaeseker 2009 doch aktiv an der Organisation eines Prominenten-Treffens des Eventmanagers Manfred Schmidt beteiligt war. Glaesker habe dafür sogar Personal eines Landesbetriebes eingesetzt.
Auf Möllrings Redebeitrag reagierte der Linken-Abgeordnete Hans-Henning Adler mit einem Zwischenruf: „Das haben sie doch schon lange gewusst.“ Möllring drohte ihm daraufhin mit einer Strafanzeige wegen Verleumdung.
Glaesker, den Wulff kurz vor Weihnachten ohne Angabe von Gründen entlassen hatte, soll zwischen 2007 und 2009 die Finanzierung des von Schmidt ausgerichteten „Nord-Süd-Dialogs“ im Rahmen seiner damaligen Dienstgeschäfte „gefällig gefördert“ haben. Als Gegenleistung soll Glaeseker mehrfach unentgeltlich Urlaube in Feriendomizilen Schmidts verbracht haben.
Nach der Durchsuchung von Glaesekers Haus bei Hannover am Donnerstag gibt es nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft vorerst keinen dringenden Tatverdacht. „Was wir derzeit haben, ist ein Anfangsverdacht“, hiess es am Freitag.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warnte vor Anschuldigungen gegen Wulff im Zusammenhang mit dem Bestechungsverdacht gegen Glaeseker. Zunächst müsse die Justiz den Vorwürfen nachgehen.
Missbilligungsantrag abgelehnt
Mit den Stimmen der regierenden CDU/FDP-Koalition lehnte der niedersächsische Landtag einen Missbilligungsantrag gegen die Landesregierung wegen „nicht wahrheitsgemässer Information des Parlaments“ im Zusammenhang mit Wulffs Kredit-Affäre schliesslich ab. Offen blieb am Freitag, ob es zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kommt.
Unterdessen graben die Medien nach weiteren möglichen Ungereimtheiten aus der Vergangenheit des Bundespräsidenten. Wulffs Anwälte bestätigten am Freitag einen Medienbericht, wonach sich Wulff als niedersächsischer Ministerpräsident vor zwei Jahren von der Firma Zentis zum Münchner Filmball einladen liess.
Der Marmeladenhersteller habe die Übernachtung für das Ehepaar Wulff sowie die Eintrittskarten bezahlt. Dies stehe jedoch im Einklang mit dem niedersächsischen Ministergesetz.