Im Berner Heiler-Prozess ist der Angeklagte am Dienstag schwer belastet worden. Ein HIV-positiver Mann gab zu Protokoll, er habe sich vom «Heiler» jahrelang regelmässig Blut abzapfen lassen.
Noch am Montag hatte der Angeklagte beteuert, er leide unter einer Blutphobie und habe sich niemals verseuchtes Blut besorgt. Die Untersuchungsbehörden legen ihm dagegen zur Last, mindestens 16 Menschen verseuchtes Blut gespritzt und so mit dem HI-Virus angesteckt zu haben.
Der Zeuge, der am Dienstagnachmittag vor Gericht erschien, besuchte die Musikschule des selbsternannten Heilers ab 1997. Zu seinem Lehrer habe ihn auch eine private Freundschaft verbunden. Der Musiklehrer sei ihm bald einmal mit allgemeinen Lebensfragen zur Seite gestanden, zudem habe er ihm von seinen heilenden Kräften erzählt.
2001 sei er HIV-positiv getestet worden, berichtete der Zeuge weiter. Erzählt habe er das nur dem „Heiler“. Dieser habe ihm gesagt, er solle das Geheimnis für sich behalten und sich ganz ihm anzuvertrauen – er könne ihm helfen.
Mehrere Blutentnahmen
Der „Heiler“ habe ihn zudem aufgefordert, sich von ihm Blut abzapfen zu lassen, das dann von seinem „Meister“ und einem „Schamanenkreis“ analysiert werde. Von da an habe ihm der „Heiler“ regelmässig Blut entnommen, schätzungsweise bis Ende 2005.
Nachdem er schwer erkrankt sei, habe er sich vom „Heiler“ distanziert, erzählte der Zeuge. Wo er sich selber mit dem HI-Virus angesteckt hat, wisse er bis heute nicht, sagte der Mann.
Nicht auszuschliessen sei, dass auch er vom „Heiler“ infiziert worden sei. Denn dieser habe ihm schon vor dem HIV-positiven Befund einmal Blut abgenommen. Dann aber gäbe es noch eine zweite Quelle verseuchten Blutes.
Angeklagter fehlt
Der vielbeachtete Heiler-Prozess am Regionalgericht Bern-Mittelland wurde am Dienstag ohne den Angeklagten fortgesetzt. Sein Mandant habe ihn angerufen und sich für den fünften Prozesstag abgemeldet, erklärte der Pflichtverteidiger. „Er hat schlecht getönt, offenbar hat er ein gesundheitliches Problem.“
Der „Heiler“ befindet sich auf freiem Fuss. Die bernische Justiz hatte ihm zwar ursprünglich unter anderem auferlegt, er dürfe den Kanton nicht verlassen und müsse sich jeden Tag persönlich bei der Polizei melden. Das Bundesgericht strich aber die meisten Auflagen; sie seien unverhältnismässig, befand das höchste Gericht.