Es war ein Einsatz bis zur Erschöpfung. Zwei Tage lang arbeiteten Nothelfer in Österreich rund um die Uhr, bis der abgestürzte Höhlenforscher wieder Frischluft atmen konnte. In sechs Wochen soll er wieder fit sein.
Nach seiner dramatischen Rettung aus 250 Metern Tiefe kann der polnische Höhlenforscher Marek Gizowsky trotz erheblicher Verletzungen auf vollständige Genesung hoffen. «Er wird sogar wieder Extremsport treiben können», sagte der Chefarzt des Landeskrankenhauses Salzburg am Sonntag Reportern.
Der 27-Jährige war am frühen Samstagmorgen dank eines Grosseinsatzes von Rettungskräften aus der Jack-Daniel’s-Höhle im Salzburger Tennengebirge geborgen worden – fast auf die Minute 48 Stunden nach seinem Absturz. Helfer hievten ihn gegen 02.00 Uhr an die frische Luft. Ein Spezialhelikopter der österreichischen Luftwaffe mit Nachtflugausrüstung brachte den Polen ins Spital.
Keine Operation nötig
Gizowsky habe Unterkühlungen, ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, linksseitige Becken- und Rippenbrüche sowie zahlreiche Blutergüsse und Schwellungen erlitten, erklärte Chefarzt Resch. Das Becken des 27-jährigen sei glatt gebrochen, so dass keine Operation nötig sei.
Der Heilungsprozess werde etwa sechs Wochen dauern, erklärten die Salzburger Ärzte. Schon in der kommenden Woche kann Gizowsky vermutlich in seine Heimat gebracht werden, wo er zu den Aktivisten des Höhlenforscherclubs «Bobry» (Biber) in der westpolnischen Stadt Sagan gehört.
Allerdings darf der Höhlenerkunder wegen des Beckenbruches mehrere Wochen lang das linke Bein nicht belasten, erklärte Resch. «Er muss auf Krücken gehen, und es bedarf einer ständigen Röntgenkontrolle.»
Gizowsky war am frühen Donnerstagmorgen etwa 250 Meter unterhalb des Höhleneinstiegs sieben Meter weit abgestürzt. In mehreren Etappen brachten ihn Spezialkräfte nach oben. An der Rettungsaktion waren mehr als 180 Helfer beteiligt.
Unter ihnen auch Spezialisten der bayerischen Bergwacht, die im Juni bei der spektakulären Rettung des deutschen Höhlenforschers Johann Westhauser in den Berchtesgadener Alpen geholfen hatten. Die Bergung Westhausers war weit komplizierter. Er war mehr als elf Tage in der Riesending-Schachthöhle eingeschlossen.
Technische Rettung aufwendig
Obwohl deutlich schneller vorüber, war auch die Aktion im Tennengebirge durchaus dramatisch, wie Einsatzleiter Walter Salzmann berichtete. Die Helfer hätten unter komplizierten Bedingungen aufwendige technische Umbauten an einem Flaschenzug vornehmen und den Schacht erweitern müssen, damit der Verunglückte samt Krankentrage nach oben gebracht werden konnte. Die Retter seien bis an ihre physischen Grenzen gegangen.
Das hohe Tempo habe man auch deshalb durchhalten können, weil der Forscher trotz seiner Verletzungen «aussergewöhnliche körperliche und mentale Stärke» bewiesen habe, sagte Höhlenrettungsarzt Jakob Crammer.
Für den Einsatz seien drei Tonnen Material auf den Berg gebracht worden, teils mit Körperkraft, teils mit einem Polizeihelikopter, sagte Höhlenretter Christian Roither. Insgesamt seien dafür 52 Flüge nötig gewesen.