Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat eine mögliche Übernahme des heimischen Industriekonzerns Alstom zur Chefsache gemacht. Hollande bat am Montag die Spitzenmanager von Siemens und General Electric (GE) zu Gesprächen in den Élyséepalast.
Sowohl der US-Mischkonzern GE als auch die Münchner haben Interesse an Teilen des Alstom-Konzerns, der unter anderem den Schnellzug TGV baut. Siemens soll bereit sein, Geschäfte im Schienenverkehr, wie den Bau von ICE-Zügen und Lokomotiven, an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug das Energietechnik-Geschäft der Franzosen übernehmen könnte.
Nach einem rund einstündigen Gespräch mit GE-Konzernchef Jeff Immelt am Vormittag wollte Hollande am Abend Siemens-Chef Joe Kaeser und Aufsichtsratschef Gerhard Cromme treffen. Im Anschluss daran war nach Angaben des Präsidialamtes eine Zusammenkunft mit Martin Bouygues geplant. Der Chef des gleichnamigen französischen Konzerns ist als Alstom-Grossaktionär massgeblich an den Übernahmeverhandlungen beteiligt.
Die Alstom-Führung will sich spätestens am Mittwochmorgen zum weiteren Vorgehen äusseren. Die Aktien des Unternehmens sollen bis dahin nicht gehandelt werden. Stellungnahmen zu den Gesprächen im Élyséepalast waren nicht geplant.
Der französische Staat kann sich in die Verhandlungen einmischen, weil er bei Übernahmen im Energiesektor eine Art Veto-Recht hat. Die Regierung unter Hollande sieht eine mögliche Übernahme durch GE kritisch. Sie befürchtet unter anderem die Verlagerung von Arbeitsplätze und Entscheidungszentren und hält offensichtlich einen Geschäftsfeldertausch zwischen Siemens und Alstom für besser.
Hollande hatte bereits im Januar vorgeschlagen, eine deutsch-französische Allianz im Energiebereich zu schmieden. Als Vorbild für gelungene Zusammenarbeit nannte er den vor allem von Deutschland und Frankreich geschaffenen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus (früher EADS).
Auch die deutsche Regierung würde eine Übernahme durch Siemens befürworten. Eine deutsch-französische Verbindung biete grosse industriepolitische Potenziale für beide Länder, teilte das Wirtschaftsministerium am Montag mit.
Weniger optimistisch sind die Investoren. Der Kurs der Siemens-Aktie rutschte am Montagvormittag mit einem Minus von 2,6 Prozent deutlich ab.
Alstom beschäftigt in der Schweiz über 6500 Personen. Die Schweiz ist für den französischen Konzern Alstom als Hauptsitz des Sektors Thermische Energie ein wichtiger Standort.
Der Geschäftsteil generiert nach Konzernangaben über 45 Prozent des Gesamtumsatzes. Hauptstandorte sind Baden, Birr, Oberentfelden und Neuhausen am Rheinfall. Unter anderem betreibt Alstom ein Forschungs- und Kompetenzzentrum in der Schweiz.