Der Streit um den Einfluss der Führung in Peking und die demokratischen Freiheiten in Hongkong spitzt sich weiter zu. Nach den grössten pro-demokratischen Protesten seit einem Jahrzehnt nahm die Hongkonger Polizei am Freitag fünf Organisatoren der Demonstration fest.
Den Aktivisten werde Behinderung von Polizeiarbeit vorgeworfen, teilte die Organisation Civil Human Rights Front mit, die den Protest organisiert hatte. Die Polizei bestätigte die Verhaftungen und begründete sie mit «Ungehorsam gegenüber Polizeianweisungen».
Unter anderem wurde beanstandet, dass Demonstrationsteilnehmer über Lautsprecher aufgefordert worden seien, anzuhalten und Strassen zu blockieren. Unter den Festgenommenen sind drei Frauen.
Einer der Organisatoren, Johnson Yeung, nannte die Festnahmen «grundlos», es handle sich um «politische Unterdrückung». Johnson stellte sich nach den Festnahmen der beiden Kollegen zusammen mit zwei weiteren Mitstreitern freiwillig der Polizei – die drei wurden ebenfalls festgenommen.
Anlässlich des Jahrestages der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie an China 1997 hatten am Dienstag Tausende Demonstranten das Recht auf freie und direkte Wahlen in der autonom regierten chinesischen Sonderverwaltungsregion gefordert.
Der Hongkonger Polizeiinspektor Leung Sai-kau hatte daraufhin angekündigt, gegen die Organisatoren der Demonstration könnten rechtliche Schritte eingeleitet werden. Der Protestzug habe sich «sehr langsam» bewegt, kritisierte Leung. Die Polizei hatte die Zahl der Protestteilnehmer auf 92’000 geschätzt, die Organisatoren hingegen auf 510’000 Menschen.
Mehr als eine halbe Million Demonstranten
«Wir sind sauer. Die Regierung hat nicht auf den Ruf nach freien Wahlen von 510’000 Menschen geantwortet, die sich dem Protestmarsch angeschlossen hatten», hiess es in der Mitteilung der Organisation Civil Human Rights Front. «Stattdessen wurde offensichtlich politische Verfolgung gewählt.»
Im Anschluss an den Massenprotest hatten über Nacht Aktivisten Strassen im Finanzdistrikt von Hongkong blockiert. Mehr als fünf Stunden lang hatten Polizisten Demonstranten von den Strassen weggetragen.
Nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» wird Hongkong als eigenes Territorium autonom regiert und geniesst – anders als der Rest Chinas – auch Rede- und Versammlungsfreiheit.
Hintergrund der Proteste ist ein Streit um die Wahl des nächsten Regierungschefs 2017. Die kommunistische Führung in Peking will zwar erstmals eine Direktwahl zulassen, aber weiter die Auswahl der Kandidaten kontrollieren, um ihre Loyalität gegenüber Peking sicherzustellen.