Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi schwere Menschenrechtsverletzungen während seines ersten Amtsjahres vorgeworfen.
Al-Sisi und sein Kabinett hätten den Sicherheitskräften «fast vollständige Straflosigkeit» verschafft und zahlreiche Gesetze erlassen, die die «bürgerlichen und politischen Rechte stark beschneiden», erklärte HRW zum ersten Jahrestag der Vereidigung des ägyptischen Präsidenten am Montag.
Menschenrechtsgruppen werfen al-Sisi vor, ein noch repressiveres System errichtet zu haben als der langjährige Präsident Husni Mubarak, der während des Arabischen Frühlings 2011 gestürzt wurde.
Unter al-Sisi gehen die Sicherheitskräfte vor allem gegen die Anhänger von Mubaraks islamistischem Nachfolger Mohammed Mursi vor, der im Juli 2013 von al-Sisi gestürzt wurde. Nach den Aufstellungen des nationalen ägyptischen Menschenrechtsrats waren unter den rund 2600 Menschen, die seither bei politisch motivierter Gewalt getötet wurden, fast zur Hälfte Mursi-Anhänger, ausserdem 700 Sicherheitskräfte und 550 weitere Zivilisten.
«Das anhaltende Schweigen der USA und Europas verschafft Sisis irriger Logik Legitimität, staatliche Unterdrückung der eigenen Bürger werde Stabilität mit sich bringen», erklärte der HRW-Regionalbeauftragte Joe Stork.
Von der staatlichen Repression seien auch Aktivisten betroffen, die an der Spitze des Aufstands gegen Mubarak gestanden hätten. Ein Gesetz, das alle nicht von der Polizei genehmigten Proteste untersagt, habe sich als «faktisches Verbot» jeglicher Demonstrationen erwiesen.