Zwangsheiraten in der Schweiz sind keine Einzelfälle: In den vergangenen zwei Jahren wurden gemäss einer Studie rund 1400 junge Frauen von ihrer Umgebung unter Druck gesetzt, zu heiraten, eine Liebesbeziehung zu beenden oder auf eine Scheidung zu verzichten.
Diese Zahlen sind Schätzungen, welche die Universität Neuenburg im Auftrag des Bundesamts für Migration (BFM) gemacht hat. Justizministerin Simonetta Sommaruga stellte die Ergebnisse am Donnerstag vor den Medien in Bern vor.
Die Forscherinnen um Janine Dahinden und Anna Neubauer machten drei Typen von Situationen aus, in denen junge Frauen von ihrer Umgebung zu Handlungen forciert werden.
Sie fanden 348 Fälle von Zwangsheiraten, in denen also eine Person unter Druck gesetzt wurde, eine ungewollte Heirat zu akzeptieren. In 384 Fällen wurde gemäss der Studie eine junge Frau unter Druck gesetzt, eine selbst gewählte Liebesbeziehung zu beenden. Und in 659 Fällen ging es darum, dass eine junge Frau auf ihr Scheidungsbegehren verzichten musste.
Die ersten beiden Typen, die Zwangsheirat und die verbotene Liebesbeziehung, betreffen vor allem junge Frauen ausländischer Herkunft zwischen 18 und 25 Jahren. Die meisten stammten aus den Balkanländern, aus der Türkei und aus Sri Lanka, heisst es in der Mitteilung der Universität Neuenburg.
Die Kategorie des Scheidungsverzichts betrifft vor allem über 25-jährige, im Ausland geborene Frauen, die wirtschaftlich von ihrem Ehemann abhängig sind und deren Aufenthaltsstatus unsicher ist.
Um den Frauen zu helfen, empfiehlt die Studie eine neue Herangehensweise an das Problem der Zwangsheiraten: Alle diese Zwangssituationen sollten künftig als Formen der häuslichen Gewalt behandelt werden, schreiben die Forscherinnen.