Winzer Valentin Schiess keltert seinen Wein auf Stadtbasler Boden: das ist einzigartig. Anlässlich der Schweizer Weintage vom 3. und 4. April in der Markthalle erzählt der 49-jährige Inhaber der vinigma gmbh, wie er vor 25 Jahren zum Wein kam und wieso Stadtkelterei kein Trendpotential hat.
An der Solothurnerstrasse 15 im Gundeli vermutet man keine Kulinarik. Von Aussen gleichen die Neubau-Räumlichkeiten – grosse Fensterfront, leerer Raum dahinter – eher einer Galerie: stilistische Minimalausstattung, bewusste Moderne. Jedoch befindet sich hier auf rund 350 Quadratmetern der einzige Ort, an dem auf Stadtbasler Boden Wein gekeltert wird. Noch.
Denn in einer Zeit der neo-traditionellen Lebensgestaltung und Nahrungsproduktion – man beachte «Urban Farming» sowie die zahlreichen Mikrobrauereien, die schweizweit und international immer zahlreicher werden – ist der Gedanke, auch Wein in einer Stadt herzustellen, nicht mehr abwegig. Winzer Valentin Schiess, Inhaber der vinigma gmbh, ist somit in Basel ein Pionier.
Seit 2007 produziert er seine Weine – nach wie vor hauptsächlich «als Hobby», wie er sagt. Ein Hobby, das allerdings weit zurückreicht. Der Weg zum Wein begann für den 49-Jährigen vor über zwei Jahrzehnten. «Ich habe Ethnologie studiert. Als das zu Ende war, dachte ich, das sei wohl noch nicht der Weisheit letzter Schluss.» Schiess lacht, schaut sich in der Halle um. Drei grosse Weintanks und zahlreiche Fässer lagern hier in den Frühling hinein – noch ist Ruhezeit. «Mitte Mai bis Mitte August bin ich dann wieder bei der Arbeit. Zuerst natürlich in den Reben.»
Zwei Weine für Basel: Schiess‘ «Quintus» und der Bündner «Jeninser». (Bild: Livio Marc Stoeckli)
Spanien, Australien, Bündnerland
Schiess‘ Trauben sind nicht aus der Region, er holt sie aus den fernen Ecken der Schweiz. Vom Fusse der Kurfürsten (Walenstadt), aus den Walliser Bergen (Salgesch), und ganz eigen – denn da steckt der grösste Teil Herzblut darin – aus dem Büdnerland. In Jenins, einem 900-Seelen-Dorf zwischen Landquart und Bad Ragaz, konnte er vor sieben Jahren ein Anbaugebiet zwischen einheimischen Winzern übernehmen. Vorläufig die Endstation einer grossen Weinreise.
Nach dem Studium vor über 25 Jahren begann er in Spanien für Kost und Logis auf den Feldern zu ernten, durfte dann in den Weinkeller nachrücken. Von da ging es nach Australien, Neuseeland, Kalifornien und schliesslich zurück nach Frankreich, wo Schiess in Dijon Önologie studierte. «Seither ist Wein mein Thema», sagt Schiess, während er auf den Fässern in seiner Lagerhalle sitzt. «Die Reise war für mich eine Art Wanderschaft.»
Aus dieser Erfahrung produziert er mittlerweile unter anderem seinen roten «Quintus», mit Trauben vom Vertragswinzer im Wallis – und den «Jeninser» aus Gameret-Trauben, während seine Bünder Parzellennachbarn allesamt Blauburgunder ernten. Bei letzterem übernimmt er von Anbau und Pflege bis zur Endnote alles selbst. «Natürlich zähle ich in Jenins als fremder Fötzel», so Schiess, «aber ich werde anerkannt und involviert.» Konkurrenz zu den Bündner Winzern gebe es, nicht zuletzt dank der unterschiedlichen Traubenwahl, eigentlich nicht.
Schiess, der Exot
Dass Schiess nach all den Jahren in den Rebbergen, nahe den Trauben, nun in einer Stadt keltert, ist weder Philosophie noch versuchtes Trendsetting: «Eine Kelterei in Basel drängt sich nicht auf. Anders als beim Bier wird der Wein am Ort gekeltert, wo die Trauben geerntet werden.» Schiess arbeitet hier aus einer gewissen Notwendigkeit heraus, denn nach wie vor betreibt er die Winzerei nebst seinem «Brotjob» als Qualitätsbeauftragter für Wein, Bier und Spirituosen für ein deutsches Handelsunternehmen.
«Ich muss täglich oder zumindest wöchentlich zu meinem Wein schauen», sagt Schiess. So oft ins Bündnerland zu fahren, sei schlicht nicht möglich. Viel wichtiger sei ihm allerdings die Kundennähe: «Mein Motiv ist auch ein geographisches. Es macht mehr Sinn, mit dem Wein zu den Kunden zu kommen, als diese in den Rebberg zu holen.» In der Kelterei hier könne er etwas zeigen – und das habe im Vergleich zur abgefüllten Flasche Kontext.
«Natürlich habe ich den Traum, dereinst vom Wein leben zu können», sagt Schiess, der momentan rund einen Tag pro Woche vollkommen dem Wein widmet. Ein Traum, der aber von vielen Faktoren abhängig sei. «Wer weiss schon, was ich in zwei Jahren aus meinen eigenen und zusätzlichen Trauben kreieren kann.»