«Der schwierigste Moment für Matthias Sempach wird am Samstagmorgen kommen, wenn er sich bewusst wird, dass er den Königstitel verteidigen muss.» Das sagt Jörg Abderhalden. Er weiss es am besten.
Adrian Käser, Thomas Sutter, Jörg Abderhalden – drei Schwingerkönige a. D. wissen viel von früher zu erzählen. Sie haben aber als Co-Kommentatoren und Experten des Schweizer Fernsehens auch das aktuelle Geschehen bestens im Griff. Knapp 24 Stunden bevor das Eidgenössische Fest in der Arena von Estavayer losgeht, standen sie Fernsehmoderator Matthias Hüppi Rede und Antwort.
Dreimal war der Toggenburger Jörg Abderhalden in der Situation, dass er sich als amtierender Schwingerkönig von der Meute der Schwinger aus den anderen Verbänden gejagt sah. Einmal – 2007 in Aarau – konnte er dem grössten Triumph einen weiteren folgen lassen. «Ja», sagte Abderhalden. «Ich kenne diese Situation genau. Matthias Sempach wird sich heute noch sicher und als König fühlen. Aber am Samstagmorgen wird der Druck, der auf ihm lastet, enorm hoch sein. Wenn du dann merkst, dass das Publikum für den anderen ist und ihn anfeuert, musst du einfach wissen, dass es nicht gegen dich ist, auch wenn du es vielleicht so empfindest. Die Leute sind einfach für den Aussenseiter, erst recht noch, wenn es ein Junger ist. Plötzlich bist du als Schwingerkönig mitten unter 50’000 der einsamste Mensch.» Abderhalden ist sicher, dass es für den König das Wichtigste ist, den Samstagmorgen gut zu überstehen. Er verwies auf das Beispiel von Kilian Wenger, der als König in Burgdorf 2013 schlecht startete und schon sehr früh aus der Entscheidung fiel. «Und jetzt?», fragte Abderhalden nach. «Jetzt bin ich für dieses Fest hier der gleichen Meinung wie die anderen früher. Ein Junger soll gewinnen.»
Angesagt sind zwei Tage Dauerhitze. Es kann Rekordtemperaturen geben wie 2001 am letzten Eidgenössischen in der Südwestschweiz, in Nyon. Für Thomas Sutter ist dies nicht für die Älteren oder für die Jüngeren ein Vorteil, sondern für die durchtrainierten Schwinger. «Ganz klar», sagt der Appenzeller, «die Temperaturen über 30 Grad spielen den Topathleten in die Karten.»
Adrian Käser, der Schwingerkönig von 1989 in Stans, wohnt im emmentalischen Alchenstorf – mit seinem Sohn Remo, der zu den jungen Geheimtipps zählt, aber auch mit Schwingerkönig Sempach. Er bekam gut mit, was in den Schwingern vor dem wichtigsten Fest vorgeht. «Sie suchten ein paar Tage lang die Ablenkung. Aber zuletzt sind sie einfach nur noch herumgetigert.» Dies dürfte allerdings nicht nur für die Alchenstorfer gelten. Das Eidgenössische lässt keinen Schwinger kalt.
Die letzten beiden Könige Kilian Wenger und Matthias Sempach gewannen jeweils alle acht Gänge. «Ich glaube nicht, dass hier einer acht Gänge gewinnt», sagt Jörg Abderhalden. «Mit sechs Siegen und einem Gestellten oder sogar einer Niederlage wird man in den Schlussgang kommen. Acht Siege, das sind, glaube ich, die Ausnahme.» Thomas Sutter pflichtete ihm bei, indem er sagte: «Es wird ein absolut offenes Fest geben. In dieser Saison hatte jeder Schwinger auch seine schwächeren Phasen.»