«Ich zeige nicht mit dem Finger auf andere»

Noch ist der FC Basel nicht sicher, wie er mit der Fifa-Sperre gegen seinen Mittelfeldspieler Geoffroy Serey Die umgehen soll. Präsident und Wirtschaftsanwalt Bernhard Heusler ist dabei, eine Auslegeordnung zu erstellen und kann noch nicht sagen, ob der FCB juristische Schritte einleitet.

Bernhard Heusler, Praesident des FC Basel, spricht an einer Pressekonferenz in Basel am Sonntag, 2. Juni 2013. (KEYSTONE/Georgios Kefalas) (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Noch ist der FC Basel nicht sicher, wie er mit der Fifa-Sperre gegen seinen Mittelfeldspieler Geoffroy Serey Die umgehen soll. Präsident und Wirtschaftsanwalt Bernhard Heusler ist dabei, eine Auslegeordnung zu erstellen und kann noch nicht sagen, ob der FCB juristische Schritte einleitet.

Es ist ein spektakulärer (sport-)juristischer Fall, mit dem sich der FC Basel derzeit konfrontiert sieht. Da kann es nur von Vorteil sein, wenn der Club-Präsident erfahrener Wirtschaftsanwalt ist. Und doch kann Bernhard Heusler im Interview noch nicht sagen, wie der FCB mit der Causa Serey Die umgehen wird. Der Mittelfeldspieler ist am Mittwoch von der Fifa ab Beginn der kommenden Saison für vier Monate gesperrt worden, weil er vor fünf Jahren einen Vertragsbruch begangen hat.

Damals, im Sommer 2008, wechselte Geoffroy Serey Die vom algerischen Club ES Sétif nicht nach Ägypten zu Zamalek, sondern ins Wallis zum FC Sion. Danach kam es, wie es beim FC Sion schon fast Tradition hat bei Transfers aus dem arabischen Raum, zu Unstimmigkeiten. Sétifs Präsident klagte, Serey Die sei vom Club «geflohen», Zamalek gab an, einen gültigen Vertrag mit dem Ivorer zu haben.

Der Streit zwischen Sétif und Sion scheint sich gelöst zu haben. Zu den Querelen mit Zamalek wird Serey Die am 9. August 2008 im «Le Nouvelliste» mit den Worten zitiert: «Es gab Kontakt zur Führung von Zamalek. Sie sind mir ins Spital gefolgt, als ich mich im Halbfinal der arabischen Champions League verletzt habe. Ich habe ihnen gesagt: Kommt morgen ins Hotel. Sie haben mir etwas angeboten, ich habe aber nichts unterschrieben, gar nichts.» Der damalige Sportchef Paolo Urfer sagt im selben Artikel: «Wir haben Serey Die angefragt, weil wir wussten, dass er frei war.»

Fünf Jahre auf einem Pult bei der Fifa

Danach war scheinbar Ruhe eingekehrt. Aber der Fall war nicht abgeschlossen, er lag bloss fünf Jahre lang irgendwo auf einem Pult der Fifa, ehe der Weltfussballverband am Mittwoch aus seinem Dornröschenschlaf aufgewacht ist und Serey Die für vier Monate gesperrt hat.

Dazwischen liegt der Transfer von Serey Die in diesem Winter zum FCB, der sich nun plötzlich mit einem Problem konfrontiert sieht, mit dem er eigentlich nichts zu tun hat. Offenbar war den Verantwortlichen der Streitfall aus dem Sommer 2008 nicht bekannt. Und sie wurden während des Transfers auch weder vom Spieler noch vom FC Sion darauf hingewiesen. Und das, obwohl es der Hausanwalt der Sittener war, der Serey Die in diesem Fall vertreten hat.

Constantin will mit allem nichts zu tun haben

Dem FC Sion und seinem Präsidenten Christian Constantin darf also bei der Abwicklung des Wintertransfers wenn nicht gleich Bösartigkeit, dann doch eine gewisse Unverfrorenheit attestiert werden. Im «Blick» lässt sich Constantin so zitieren, als ob ihn die ganze Angelegenheit nichts anginge: «Das ist ein Ding zwischen Serey und Bernhard. Was die beiden besprochen haben, weiss ich nicht.»

Der FCB hat dem FC Sion für Serey Die eine Transfersumme von rund 1,5 Millionen Franken überwiesen. Ob der FCB diese Summe mit einem Gang vor die Gerichte zurückzufordern versucht, ob er seinem Arbeitnehmer Serey Die den Lohn kürzen kann? Noch ist FCB-Präsident Bernhard Heusler in der Evaluationsphase.

Auch ob Serey Die das Urteil vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS weiterzieht, ist noch offen. Doch es würde erstaunen, wenn nicht. Im Herbst spielt der FCB in der eminent wichtigen Qualifikation zur Champions League. Bei einem Rekurs vor dem CAS könnte eine aufschiebende Wirkung für die Sperre erwirkt werden, so dass Serey Die dem FCB wenigstens in jener Phase nicht fehlen würde. Ausserdem gibt es Beispiele, in denen das CAS eine Sperre zwar bestätigte, aber auch zuliess, dass sie durch eine Schadenersatzzahlung an den geschädigten Club abgegolten werden konnte.

Bernhard Heusler, hätten nicht Geoffroy Serey Die und der FC Sion den FC Basel vor dem Wechsel nach Basel darüber informieren müssen, dass es ein hängiges Verfahren bei der Fifa gibt?

Klar ist, dass wir vom Verfahren nichts wissen konnten. Da gibt es auch keine Warnung durch das Transferabgleichungssystem der Fifa. Wir haben im Verlauf des Frühjahrs vom Verfahren erfahren, als die Fifa – für uns komplett überraschend – eine Offenlegung der Verträge mit Serey Die verlangte.

Aber dürfte man nicht erwarten, dass der Spieler oder der abtretende Club vor einem Transfer über ein hängiges Verfahren informieren?

Nach dem Prinzip von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr kann man so etwas erwarten. Dazu, ob sich daraus im konkreten Fall rechtliche Schlüsse ziehen lassen, äussere ich mich nicht. Das überlasse ich den juristischen Schnellschützen.

Sind Sie wütend auf Serey Die oder auf den FC Sion, weil sie den Fall vor Ihnen verheimlicht haben?

Jetzt ist nicht der Moment, in dem ich mit dem Finger auf andere zeige. Weil er derzeit in der Elfenbeinküste ist, hatten wir mit Serey erst SMS-Kontakt. Dem Spieler ist es extrem unangenehm. Er sagt, ihm sei zu verstehen gegeben worden, der Fall sei erledigt. Und als Arbeitgeber stelle ich mich im Zweifelsfall immer vor den Mitarbeiter – in diesem Fall den Spieler.

Und der FC Sion? Es wirkt doch so, als ob die Sittener Serey Die gerade noch rechtzeitig vor der Sperre abgegeben hätten – und dafür auch noch eine Transfersumme kassiert haben.

Ich zweifle daran, dass sich der FC Sion wegen dieses Transfers ins Fäustchen lacht. Dazu sprechen die sportlichen Resultate der beiden Clubs seit dem Wechsel eine zu deutliche Sprache. Wir sind Fussballclubs, keine Spieler-Handelsgesellschaften. Sicher ist, dass der FC Sion von diesem Verfahren wusste. Es war der Hausanwalt des FC Sion, der Serey Die vor der Ffia vertreten hat. Aber es ist nicht meine Art, via Medien mein Entsetzen auszudrücken.

Kann der FCB jetzt rechtlich gegen Sion vorgehen und die Transfersumme zurückfordern?

Beim Kaufrecht gilt die Gewährleistung, wenn der Käufer einen versteckten Mangel am Kaufobjekt entdeckt. Handelt es sich hier um einen ‚Mangel‘ im Rechtssinne? Findet das Kaufvertragsrecht Anwendung, analog oder partiell? Worin besteht der Schaden des FC Basel? Es stellen sich eine Reihe von Rechtsfragen, die ich hier nicht ausbreiten will.

Muss der FCB jetzt auf dem Transfermarkt tätig werden?

Es ist noch zu früh, um diese Frage zu beantworten. Erst müssen wir wissen, ob Serey Die den Fall vors CAS ziehen wird, wo eine aufschiebende Wirkung möglich wäre.

Können Sie nachvollziehen, dass die Fifa eine Sperre ausgesprochen hat, von der eigentlich niemand etwas hat? Wäre nicht eine Schadenersatz-Zahlung an Zamalek sinnvoller gewesen?

Das ist für mich ebenfalls bemerkenswert an diesem Urteil. Nebst der erstaunlichen Tatsache, dass es fünf Jahre gebraucht hat, um ein Urteil zu fällen. Es ging ja bloss darum, festzustellen, ob Serey Die zwei Verträge unterzeichnet hat oder nicht. Dafür braucht es nun wirklich kein hoch komplexes Verfahren. Dass statt einer Entschädigung eine Sperre ausgesprochen wurde, macht weder sportlich noch juristisch Sinn. Da schlägt man den Sack und meint den Esel

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